Sind die Ausgehzeiten für Kinder eigentlich geregelt und wer entscheidet, wie lange Kinder raus dürfen? Darum geht es in diesem Artikel. Ausserdem erfährst Du, wie wir auf unsere Regelung gekommen sind.
Das wirklich spannende am Vatersein ist, dass sich die Aufgaben und Fragestellungen ständig verändern. Als Vater ist die Herausforderung, die richtige Balance zwischen Wurzeln geben und Flügeln verleihen, zu finden. Eine der Fragen, mit der Du Dich ab der zweiten Hälfte der Grundschulzeit beschäftigst ist, wie lange darf ein Kind raus?
Erinnerst Du Dich noch, wie das bei uns früher geregelt wurde?
„Wenn die Straßenlaternen angehen, kommst Du nach Hause“.
Damals gab es unglaublich viele Freiheiten. Wir sind nach den Hausaufgaben aus dem Haus gestürmt und abends erst zum Einbruch der Dunkelheit wieder zurückgekommen. In der Zwischenzeit wussten unsere Eltern meist nur ungefähr, wo wir waren, mit wem wir unterwegs sind und was wir vorhatten.
Es gab keine Handys, GPS Uhren oder sonstige Gadgets, mit denen sie uns hätten überwachen können.
Als Vater heute macht mich dieser Gedanke etwas unruhig.
Linktipp: Wobei können (sollen) Kinder im Haushalt helfen?
Ist die Freiheit, die wir früher hatten, in der heutigen Zeit überhaupt noch machbar? Oder haben sich die Zeiten und auch die Jugendschutzgesetze so verändert, dass wir uns ganz anders verhalten müssen?
Leopold hatte vor kurzem seinen 10. Geburtstag und wie auf Kommando sind ihm buchstäblich Flügel gewachsen. Er fährt alleine mit dem Fahrrad zur Schule (ich muss dazu sagen, dass wir etwas ländlicher wohnen und der Schulweg über 4 km lang ist) und besucht seine Freunde ohne, dass wir ihn bringen oder abholen müssen.
Damit stehen wir nun vor der Aufgabe, einen Rahmen für seinen neuen Freiheitstrieb zu stecken. Dabei haben wir einige Überlegungen angestellt und ich dachte, ich lasse Dich an unserem Denkprozess teilhaben.
Auf der einen Seite, um Dein Feedback zu bekommen, wie Du es geregelt hast oder regeln würdest. Auf der anderen Seite, um Dir vielleicht ein paar hilfreiche Ansätze zu geben, falls Du vor der gleichen Situation stehst.
Wer regelt die Ausgehzeiten für Kinder und bestimmt, wie lange ein Kind raus darf?
Als wir am Küchentisch saßen und darüber nachgedacht haben, wie wir das Thema angehen, kam irgendwann die Frage auf, was eigentlich das Jugendschutzgesetz dazu sagt. Vielleicht gibt es hier ein paar Eckpunkte, die zu beachten sind?
Das Jugendschutzgesetz regelt zum Ausgang der Kinder nicht die Zeiten, sondern allgemein nur die Orte, an denen sie sich, zu gewissen Zeiten aufhalten dürfen, oder nicht.
Linktipp: Wie oft spielen Deine Kinder draußen?
Beispielsweise dürfen Kinder alleine ins Kino gehen aber nur bis 20.00 Uhr. Dabei zählt das Vorstellungsende, nicht der Beginn des Filmes.
In Gaststätten und Diskotheken dürfen Kinder grundsätzlich nur in Begleitung von Erwachsenen.
Die Frage, wie lange Kinder draußen bleiben dürfe entscheidest Du, also ganz für Dich alleine.
Wie entscheide ich, wie lange mein Kind raus darf?
Da es nun also doch an uns hängen bleibt, die Ausgehzeiten für Kinder zu bestimmen, stellt sich die Frage: wie entschieden wir das eigentlich?
Wie bei so vielem im Vaterleben gibt es kein Handbuch oder Bedienungsanleitung. Wir haben lange darüber nachgedacht und am Ende war es eine Mischung aus drei Komponenten, die wir für die Festlegung unserer Regeln zurate, gezogen haben.
Komponente 1: Absprache mit Freunden
Zwar predigen wir unseren Kindern immer, dass es egal ist, was die anderen Kinder dürfen aber wir haben es als hilfreich empfunden, uns mit anderen Eltern auszutauschen.
Auf der einen Seite hat es uns eine Bandbreite aufgezeigt, in welchem wir uns insgesamt bewegen können. Wenn zum Beispiel einige Eltern darauf bestehen, dass die Kinder um Punkt 18:00 Uhr zu Hause sind und andere finden, das bis 20.00 Uhr ok ist, haben wir die Möglichkeit zu abzuwägen, wo wir uns in diesem Spektrum am wohlsten fühlen.
Auf der anderen Seite bewahrt Dich eine ähnliche Regelung, wie die Kinder im Freundeskreis, vor den Diskussionen á la …aber der Max darf bis ….
Komponente 2: Die drei W´s
Ich finde allgemeingültige Regelungen immer schwierig. Erziehung ist super individuell und muss für Euch und Eure Situation passen. Daher glaube ich, dass Dir niemand eine Empfehlung geben kann, wie lange Du Deinem Kind Ausgang gewährst.
Für uns waren drei weitere Punkte entscheidend und alle fangen mit “W“ an:
- Wo
- Was
- mit Wem
Die Frage nach dem Wo dreht sich für uns darum, wie sicher wir uns in der Umgebung fühlen, in der wir leben. Wie ich weiter oben erwähnte, wohnen wir sehr ländlich. Für uns ist es daher völlig OK, die Kids auch mal weitere Strecken alleine mit dem Rad fahren zu lassen, weil die Gefahren überschaubar sind.
Würden wir in Köln, München oder Berlin wohnen, sähe unsere Regelung vielleicht etwas anders aus.
Linktipp: Die 3 wichtigsten „Taschengeld W´s“ (inspiriert von unserem letzten Besuch im Spielzeugladen)
Bei der Frage nach dem Was geht es darum, was die Kinder tun. Wollen sie tatsächlich schon ausgehen, also Kino oder ähnliches oder fahren sie zum Fußballtraining, verabreden sie sich mit Freunden, etc.
Womit wir auch schon beim letzten W sind, dem – mit Wem. Bei dieser Frage geht es darum, mit wem sie unterwegs sind. Unsere Kinder haben einen breit gefächerten Freundeskreis, weil wir eine Grundschule haben mit Schuleingangsphase.
Das heißt, dass der Freundeskreis sowohl aus Freunden besteht, die 1–2 Jahre älter sind als unsere Kinder aber auch 1–2 Jahre jünger.
Diese Fragen berücksichtigen wir bei der Entscheidung, wie lange sie tatsächlich raus dürfen.
Komponente 3: Demokratie gehört auch in eine Familie
Die erste beiden Punkte, also die Absprache mit den anderen Familien und die drei W´s, geben uns eine Idee davon, was wir für richtig halten. Jetzt sind unsere Kids in einem Alter, in dem sie natürlich auch lernen sollten, mitzubestimmen.
Wir haben zwar keinen Laissez-Faire Erziehungsstil, finden aber, dass die Kinder die Hintergründe unserer Entscheidungen verstehen sollten. Damit kann dann auch schon mal eine gute Diskussion entstehen, wenn sie etwas anders sehen, als wir.
Daher besprechen wir grundsätzliche Themen wie Taschengeld, Urlaubsziele und auch Ausgehzeiten im Familienrat. Vielleicht denkst Du jetzt an strukturierte Meetingräume oder gar ein Plenum wie im Bundestag.
Weit gefehlt. Wenn wir beim Kaffeetisch, Mittagessen oder Abendbrot zusammen sitzen, kommen solche Themen auf den Tisch. Jeder bringt seine Meinung und Ansichten auf den Tisch und wir besprechen, wie wir es in Zukunft machen.
Wie Du mit den zwei Stimmen in Deinem Kopf umgehst
Wenn Kinder so langsam Ihren eigenen Weg gehen, hast Du bestimmt auch gemischte Gefühle. Bei mir sind zwei Gefühle vorherrschend:
- Sorge
- Vertrauen
Sorgen, weil ich bisher immer genau wusste, wo sie sind und was sie tun. Ich konnte immer eingreifen, um zu verhindern, dass sie sich wehtun, verletzen oder etwas passiert. Wenn ich sie nun gehen lasse, sind sie außerhalb meines Einflussbereichs und das besorgt mich.
Vertrauen, weil ich ihnen vertraue, dass sie keinen Quatsch machen. Ich möchte, dass sie ihre Freiheiten genießen und mit dem Gefühl aufwachsen, dass wir ihnen Vertrauen – ganz gleich was sie tun.
Nimm Dir ein Vorbild an Deinen Eltern
Als ich sieben Jahre alt war, hatte ich mich mit einem Freund zum BMX fahren an einer Autobahnbaustelle verabredet. Wir hatten viel Spaß an diesem lauen Sommertag und vergaßen die Zeit.
Statt um 18 Uhr war ich um 19:30 Uhr zu Hause. Meine Mutter hatte ein verheultes Gesicht und mein Vater war nicht gerade gut gelaunt. Damals habe ich mich gefragt, warum die so einen Aufriss machen – heute kann ich nachvollziehen, warum ich eine Woche Hausarrest bekommen habe.
Linktipp: Die Konsequenzen bei Kindern durchzuziehen ist echt schwer
Unsere Eltern hatten keine Alternative dazu, uns einfach machen zu lassen. Sie hätten sich natürlich gewünscht etwas mehr Kontrolle zu haben aber von Handys und dem ganzen Spuk, hat damals niemand auch nur zu träumen gewagt.
Ich versuche mir ein bisschen was von dieser Einstellung in unser Leben zu holen. Einfach mal die Kinder machen lassen und gar nicht so viel darüber nachdenken.
Mutig sein – mit Netz und doppeltem Boden
Wir achten bei uns sehr darauf, dass wir keine Helikopter Eltern werden. Ich möchte, dass meine Kinder frei aufwachsen und nicht durch uns und unsere Sorgen zu paranoiden Menschen werden, die immer und überall die Gefahr sehen.
Daher ermutigen wir unsere Kinder einfach mal zu machen und ihre eigenen Wege auch alleine zu gehen.
Ob ich das mutig nennen will weiß ich nicht. Denn dieser Schritt fällt mir persönlich deutlich leichter, weil ich weiß, dass wir die Technologie haben, um im Zweifelsfall sofort zu erfahren, was los ist.
Leopold hat seit seinem 10. Geburtstag ein Handy. Ich kann also – wenn ich mal ein komisches Gefühl habe oder er sich doch nicht an die verabredeten Zeiten hält immer mal schnell anrufen oder ihn über sein Handy orten.
Und jetzt?
Das sind unsere Anhaltspunkte, an denen wir festmachen, wie lange unsere Kinder raus dürfen.
Wie bei vielen Entscheidungen als Vater ist es eine Kombination. Eine Mischung aus Bauchgefühl, Orientierung am Umfeld und Erfahrungen, die wir oder andere gemacht haben.
Das ist unser Weg und vielleicht hilft Dir unsere Geschichte ein bisschen einen Weg zu finden, der für Dich passt.
Jetzt bin ich natürlich neugierig. Wie regelt ihr das zu Hause mit den Ausgangszeiten? Ich freue mich auf Deinen Kommentar. Kennst Du Eltern, die sich gerade mit diesem Thema beschäftigen? Dann teile diesen Artikel mit ihnen.