Was schätzt Du, wie viele Kinder heute den Schulweg alleine meistern dürfen?
Es sind 17%.
Ist das viel, ist das wenig?
Wenn wir an unsere Kindheit zurück denken, waren es in den 70ern 91% – also jedes Kind. Kaum ein Kind wurde in die Schule gebracht, es sei denn es wohnt wirklich am A… der Welt.
Warum ist das so und vor allem was können wir Eltern tun um unseren Kindern die Selbstständigkeit zurückzugeben?
Dazu freue ich mich über einen Gastartikel von Philipp.
Die Gefahren auf dem Schulweg
Kinder sind im Straßenverkehr besonders gefährdet.
Jährlich passieren über 100.000 Unfälle auf dem Schulweg, daher haben Bridgestone und die Deutsche Verkehrswacht die Aktion „Sicher zur Schule“ ins Leben gerufen.
Die Aktion soll Eltern und Kinder auf Gefahren im Straßenverkehr aufmerksam machen. Mit unseren Tipps wollen wir sowohl die Erwachsenen als auch die jungen Verkehrsanfänger erreichen und für die Gefahren sensibilisieren. In diesem Beitrag geht es um den Schulweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Die meisten Gefährdungen von Schulkindern ereignen sich vor Schulen, weil Eltern ihre Kinder „schnell“ aussteigen lassen.
Oft halten sie in Halteverbotszonen und behindern andere Verkehrsteilnehmer.
Eine gute Alternative für den sicheren Weg zur Schule ist die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Unzählige Jungen und Mädchen nutzen Bus oder Bahn, um zur Schule zu fahren. Daneben ermöglichen öffentliche Verkehrsmittel auch im Freizeitbereich mehr Mobilität und Flexibilität.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Kaum ein Verkehrsmittel bringt Dich sicherer ans Ziel. Es ist kein Zufall, dass Busse und Bahnen selten genannt werden, wenn über Gefahren im Straßenverkehr gesprochen wird.
Sämtliche Untersuchungen zeigen, dass die Zahl verunglückter Kinder in öffentlichen Verkehrsmitteln denkbar gering ist – so sehr, dass viele Statistiken sie nicht einmal gesondert aufführen. Dies gilt für den Freizeitbereich ebenso wie für die tägliche Fahrt zur Schule. Die Unfälle im Schulbus machen – gemessen an der Gesamtzahl aller Schulwegunfälle – nur einen sehr kleinen Prozentsatz aus.
Es gibt also viele Gründe, Kinder von klein an zu ermuntern, Busse und Bahnen zu nutzen. Schon jüngere Schüler sind sehr geschickt, wenn es darum geht, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren.
Voraussetzung ist, dass sie bereits genügend Erfahrungen gesammelt haben. Hier sind Schule und Elternhaus gleichermaßen gefragt.
- Schon Erstklässler können eine Strecke, die sie mehrmals in Begleitung von Erwachsenen gefahren sind, bald allein zurücklegen.
- Bei entsprechender Vorbereitung können Kinder mit 8 Jahren bereits alleine umsteigen.
- Mit ungefähr 10 Jahren sind “routinierte Bus- und Bahnfahrer“ auch in der Lage, unbekannte Wegstrecken zurückzulegen.
Diese Fähigkeiten erweitern die individuelle Mobilität um ein Vielfaches. Ins Kino gehen, Freunde besuchen, die Fahrt zur Klavierstunde oder zum Sport – mit Bussen und Bahnen kommen Kinder sicherer und selbstständiger ans Ziel als mit anderen Verkehrsmitteln.
Gerade zum Ende der Grundschulzeit kommt der intelligenten Verkehrsmittelwahl immer größere Bedeutung zu.
Übung macht den Meister – auch auf dem Schulweg
Die allmorgendliche Fahrt im Schulbus will vorbereitet sein. Der Bus selbst ist zwar eines der sichersten Verkehrsmittel überhaupt, Gefahren können sich aber auf dem Weg zur Haltestelle, beim Warten auf den Bus sowie beim Ein- und Aussteigen ergeben.
Der Weg zur Haltestelle
Du solltest darauf achten, dass deine Sprösslinge das Haus immer rechtzeitig verlassen, um in Ruhe den Weg zur Haltestelle zurückzulegen. Zudem solltest Du mit Deinen Söhnen und Töchtern besprechen, was zu tun ist, wenn sie wirklich einmal zu spät kommen.
Lieber den Bus abfahren lassen, als loslaufen und sich in Gefahr begeben. Kinder müssen wissen, dass sie – falls keine Ampel vorhanden ist – vor dem Überqueren der Straße eine ausreichend große Lücke im Verkehrsfluss abwarten müssen.
Ähnliches gilt, wenn der Bus an seinem Ziel ankommt. Auch hier müssen Kinder lernen, nicht einfach über die Fahrbahn zu laufen, um noch rechtzeitig vor Stundenbeginn an ihrem Platz zu sitzen. Sie dürfen die Straße erst überqueren, wenn der Bus abgefahren ist.
An der Haltestelle
Ein weiterer Gefahrenherd liegt an der Haltestelle selbst. Da die Zeit des Wartens oft lang werden kann, müssen Kinder wissen, dass alle Bewegungsspiele, bei denen sie im Eifer des Gefechts mit ihren Altersgenossen auf die Fahrbahn geraten könnten, besser an anderen Orten stattfinden sollten.
Ein- und Aussteigen
Beim Einsteigen sollten die Kleinen früh lernen, sich aus Drängeleien herauszuhalten; im Bus soll nach Möglichkeit ein Sitzplatz benutzt werden.
Falls dies nicht geht, ist sicherer Halt wichtig. Wo und wie sie sich am besten festhalten können, musst du im Vorfeld mit ihnen üben. Dies ist angesichts der bisweilen chaotischen Überfüllung der Busse allerdings oft leichter gesagt als getan.
Nach dem Aussteigen muss gewartet werden, bis der Bus abgefahren ist. Schüler unterschätzen zumeist die Geschwindigkeit, mit der Autofahrer – allen Vorschriften zum Trotz – an haltenden Bussen vorbei rasen.
Im Bus
Vor und besonders nach dem Unterricht geht es oft hoch her im Schulbus. Nach stundenlangem Sitzen sind die Kinder ausgelassen, wollen herumtoben und sich ausleben. Du solltest deinen Kindern vermitteln, dass der Bus kein Spielplatz ist. Während der Fahrt sollten sie sich einen Sitzplatz suchen und ihren Schulranzen zwischen die Beine stellen. Ist kein Sitzplatz frei, muss ein guter Haltegriff gefunden werden.
Damit die Verkehrsanfänger sicher an ihr Ziel gelangen, haben Bridgestone und die Deutsche Verkehrswacht die Aktion „Sicher zur Schule“ ins Leben gerufen. Seit 2013 wurden 60.000 Schulanfänger sowie Eltern und Erzieher mit Broschüren für die Vorbereitung eines sicheren Schulweg ausgestattet. In diesem Jahr wird die Aktion fortgeführt. Weitere Informationen findest du unter: http://www.sicher-mit-lenni.de/.
Danke Philipp
Oftmals überbehüten wir unsere Kinder und haben Angst sie alleine aus dem Haus gehen zu lassen. Ich hoffe die Tipps von Philipp helfen Dir diese Sorgen verwischen.
Eigenständigkeit und Verantwortung ist gut für Dein Kind. Es stärkt das Selbstbewusstsein, wenn es auch mal knifflige Situation, die den Straßenverkehr oder die Busfahrt, alleine bewältigt.
Also zeig ihm wie es geht und dann lass es ruhig machen.
Über den Autor
Philipp Seidel führt gemeinsam mit der Deutschen Verkehrswacht und Bridgestone das Projekt „Sicher zur Schule“ durch. Die Aktion trägt dazu bei, die Verkehrssicherheit zu fördern und Unfällen auf dem Schulweg vorzubeugen.
Mein Sohn kommt dieses Jahr in die dritte Klasse. Ich denke, dass er nun alleine zur Schule gehen kann. Danke für den Tipp, dass sich die öffentlichen Verkehrsmittel am besten für Schülertransporte eignen und man dem Kind direkt vermitteln sollte, dass die Kinder an der Haltestelle nicht herumtoben dürfen.
Hallo Philipp!
Auch wenn Dein Beitrag schon etwas länger her ist, kann ich mich eines Kommentars nicht enthalten.
Grundsätzlich gebe ich Dir Recht. Leider war dennoch für uns der ÖPNV leider absolut keine Alternative für den Schulweg unseres Kindes. Wir haben es über Wochen ausprobiert. In 95% der Fälle waren die Busse und Trams so überfüllt, dass ich als erwachsener Mann mich selbst mit (sanfter) Gewalt) nicht mehr herein pressen konnte. Das von einem Erstklässler zu erwarten, ist illusorisch. Auf dem Land oder im Umland mag dies vielleicht funktionieren, aber bei uns, in einer Landeshauptstadt, leider nicht. Gesonderte Schulbusse gibt es hier nicht. Am Nachmittag ist die Situation etwas entspannter.
Wann immer möglich habe ich das Kind dann zu Fuss in die Schule gebracht.
Ja nach Tagesform und Ampelschaltung 30-40 Minuten (mit Kind) hin, 17-20 Minuten (alleine) zurück, wenn ein home office Tag war, oder 7 Minuten weiter an den Bahnhof und dann zur Arbeit. Und nein, einen Erstklässler kann man im absoluten Innenstadtbereich mit stark befahrenen Hauptverkehrsstrassen noch nicht alleine los schicken. Wie gesagt, auf dem Land mag das funktionieren, in der Großstadt ist das nicht umsetzbar.
Dann gab es natürlich noch die Tage, an denen ich zeitlich so unter Druck stand, dass ich das Auto genommen habe. Es ist einfach schneller und auch die Zeit von Eltern ist begrenzt. Insbesondere, wenn beide Elternteile arbeiten, was heutzutage eher die Regel als die Ausnahme ist. Leider gibt es in der Nähe der Schule keinerlei Kurzzeithaltemöglichkeit, im Sinne einer drop-off-zone. Man ist als Elternteil dann förmlich gezwungen irgendwo illegal zu halten. Die ausgewiesenen Parkstreifen sind, verständlicherweise, bereits von den Anwohnern belegt.
Schön ist das bestimmt nicht, aber nicht jeder hat das Glück Oma und Opa um die Ecke wohnen zu haben, die einem dann den Weg abnehmen oder direkt in der Nähe der Schule des Kindes zu arbeiten.
Anstatt über die andere Schulkinder gefährdende Eltern zu sinnieren, sollte man sich Gedanken um praktische Lösungen machen. Kurzzeithaltezonen an Schulen zwischen 7:30-8:00 Uhr, gerne auch 100-200m entfernt, je nach Situation vor Ort.
Viele berufstätige Eltern sind leider extrem zeitlich durchgetaktet und Ziel sollte sein, Ihnen eine Unterstützung anzubieten.
Just my two cent
PS: Auch ich bin in den 70ern alleine in die Schule gelaufen. Aber das war in den 70ern und nicht mitten in der Großstadt.
Wir können der Botschaft nur zustimmen: Traut Euren Kindern etwas zu! Ermutigt sie, ein aktives und bewegtes Leben zu führen! Kinder sitzen (ebenso wie Erwachsene) viel zu viel. Ein Grundschulkind verbringt locker acht Stunden am Tag im Sitzen (Medienkonsum, Hausaufgaben zeit im Auto etc.) Dabei weiß man heute, dass der Sitzende Lebensstil als ein eigenständiger Risikofaktor zu identifizieren ist: Die Stunde Fußball pro Woche kann eben nicht ausufernde Sitzzeiten ausgleichen. Daher heißt es: Sucht Euch und Euren Kindern bewegte Alternativen im Alltag! An erster Stelle steht der aktiv bestrittene Schulweg: Ob mit Roller, Laufrad oder zu Fuß – so kommt man morgens in die Gänge! An dieser Stelle möchten wir natürlich für unser Bewegungsspiel #Familienaufstand! Alles zählt nur sitzen nicht eine Lanze brechen. Für jedes Aufstehen und bewegen sammeln die Spieler Punkte – wer am Ende die meisten hat, ist Aufsteh-Champion der Familie! Unter http://www.familienaufstand.de findet Ihr alle Materialien zum Download. Na dann, auf die Füße, fertig, los!
Kenne ich 🙂
Wenn ich morgens zu Schulbeginn durch unseren Ort fahre herrscht dort auch verkehrstechnische Anarchie.
Eltern sollten sich hierbei echt mal an die eigene Nase fassen #Vorbildfunktion
Einfach mal einen Tipp aus meinem Blog beherzigen:
Hallo,
ich wohne mit meiner Familie in unmittelbarer Nähe zum hiesigen Schulzentrum. Der Weg in die Stadt, zum Arbeitsplatz meiner Frau und zur Grundschule meiner Kinder führt an zwei nebeneinander liegenden weiterführenden Schulen vorbei.
Muss man dort morgens vor Unterrichtsbeginn vorbei -meine Frau und die Kinder müssen dies zwangsläufig- gleicht dem chaotischen Verkehrsgewimmel in z.B. Neu Delhi. Da man oft spät dran ist, wird mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit gefahren, ohne Rücksicht auf Verluste auf dem Fahrradweg geparkt, unbedarft Türen aufgerissen, in zweiter Reihe geparkt und ebenso rücksichtslos wieder losgefahren.
Mich verwundert es daher nicht, dass gerade vor den Schulen die Zahl der Wegeunfälle so hoch ist.
Das sich die zu Fuß oder mit dem Fahrrad gekommenen Kinder ebenso wenig an die Verkehrsregeln halten (wie auch bei den Vorbildern?) verschlimmert das Ganze enorm.
Sehr gut mit den vielen Daten und Argumenten. Ist wohl notwendig in diesen Zeiten.
Ich sage ganz einfach: Wie sind damals nach ein paar Tage nahezu alle in der ersten Klasse ohne Eltern zur Schule gegangen. Da hat niemand drüber nachgedacht, das war einfach so. Bis in die 80er sind Grundschüler zu 90% alleine zur Schule und wieder nach Hause gegangen.
[…] Vor den Ferien ist auch gleichzeitig bald wieder nach den Ferien. Einige Eltern vergießen heute Tränen, weil ihre Kinder nach den Ferien in die Schule kommen. Philipp hat Tipps für den Weg zur Schule:Die überraschenderweise sicherste Art, wie Dein Kind den Schulweg meistert. […]