Früher war doch alles besser oder?
Na, vielleicht nicht alles. Wir mussten schließlich auch unsere Hausaufgaben erledigen. Jeden Tag das Gleiche. Von der Schule nach Hause, Mittagessen, Schreibtisch und Hausaufgaben. Zähne zusammenbeißen und durch. Nach 1 Stunde waren wir fertig und dann ging es um 14:00 Uhr zum Kumpel.
Heute ist das alles doch etwas anders. Kinder haben heute schon in der Grundschule „Leistungsdruck“. Am besten können sie schon vor der Einschulung schreiben, lesen und rechnen – mindestens bis 20.
Wenn nicht, laufen sie Gefahr den Anschluss zu verlieren – in der ersten Klasse…
Kein Wunder, dass das Thema Hausaufgaben bei Kindern heute noch negativer besetzt ist als bei uns früher. Ein Dilemma vor dem wir als Eltern stehen. Auf der einen Seite haben wir wirklich Mitgefühl mit unseren Kindern und bedauern, dass sie in einer solchen Druckwelt zur Schule gehen. Auf der anderen Seite wissen wir, wie wichtig es ist eine gute Schulleistung zu bringen.
Wie gehen wir als Väter, als Eltern damit um und wie unterstützen wir richtig? Ich freue mich Dir dazu heute einen interessanten Gastartikel von Birgit Bonn präsentieren zu können.
Vielleicht musstest Du beim Thema Hausaufgaben auch schon mal an die Szene aus dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ denken, in der der Journalist Phil Connors jeden Tag erneut (fluchend) in die Eiswasser-Pfütze tritt? Denn oft läuft es doch so: Eben war noch gute Laune, Witze beim Mittagessen und spannende Pläne für den Nachmittag – und dann bringt die bloße Erwähnung des Wortes Schulaufgaben eine unerklärliche Gereiztheit in die Familie.
Zu hoher Druck, zu wenig Leichtigkeit
Woran liegt es, dass Hausaufgaben so oft zu einem Familien-Reizthema werden? Eigentlich haben Deine Kinder doch totale Freude am Lernen. Und zur Schule gehen sie auch gern. Was also läuft falsch? Und was kannst Du als Vater tun, um für einen entspannteren Hausaufgaben-Alltag zu sorgen?
Wie war das denn bei Dir selbst mit den Hausaufgaben? Ok, gern hat die auch früher keiner gemacht. Aber sie waren im Grunde doch kein sooo großes Thema. Heute ist das leider anders. Der gesellschaftliche Bildungsdruck ist viel größer als früher und als Eltern nehmen wir das natürlich auf: Numerus Clausus, Bewerberüberschuss – unsere Eltern kannten das nicht, aber Du hast das schon erlebt und hast hieraus und aus den täglichen Nachrichten gelernt, wie viel von guter Bildung abhängt.
In dieselbe Kerbe haut vielleicht auch die Schule selbst: Zwar gibt es aus guten pädagogischen Erwägungen heraus in der erste Klasse noch keine Zensuren für die Kinder – Eltern sehen sich aber oft bereits da mit Ratschlägen und Aufträgen konfrontiert, wie: „Dies und das Übungsheft, jene tolle Lern-App, täglich 10 min Einmaleins, das wäre eine optimale Unterstützung für Ihr Kind!“
Aus diesen Gründen fehlt dem Thema Hausaufgaben vermutlich bereits in Deinem Kopf die Leichtigkeit, die helfen würde, den vielen Stolperfallen zu entgehen, die hier lauern.
Stolperfallen erkennen und umschiffen
Die größten davon liegen in der Verantwortlichkeit und den elterlichen Erwartungen: Du fühlst Dich als Vater natürlich verantwortlich für die Erziehung – damit auch für die Bildung – Deines Kindes. Das ist völlig korrekt und super, verleitet aber dazu, in die Verantwortlichkeits-Falle zu tappen: Die Schularbeiten sind die Aufgabe Deines Kindes, nicht Deine. Doch Dein Kind ist schlau, es liest Dich wie ein offenes Buch: Wenn Du Dich zu sehr für die Hausaufgaben verantwortlich fühlst, dann merkt es das. Und dankbar zieht es sich dann gern aus der eigenen Verantwortung heraus. Mit der Konsequenz, dass es gar nicht erst lernt, selbstverantwortlich an die Sache heranzugehen.
Lass also besser Dein Kind einfach mal machen und hab das Vertrauen, dass es schon klar kommt. Hilf nicht sofort bei der ersten Nachfrage, sondern lass Filius oder Filia erst einmal selbst knobeln. Denn wenn Papa immer sofort mit Lösungen zur Stelle ist, dann wird das für das Kind kurzfristig zur bequemen – und immer wieder herangezogenen – Arbeitserleichterung. Längerfristig verhindert dies aber die Ausbildung von Lernmethoden und untergräbt das Selbstvertrauen.
Übrigens: Viele Grundschul-Lehrerinnen (und Lehrer) erwarten gar keine fehlerfreie Erledigung der Hausaufgaben. Im Gegenteil ist es ihnen oft viel wichtiger, die kindlich-rohen Ergebnisse zu sehen, als durch elterliche Fürsorge „vorgefilterte“ Lösungen.
Eigene Leistungen im eigenen Reich
Dein Ziel als Hausaufgaben-betreuender Vater sollte darum vielmehr sein, das Selbstvertrauen Deines Kindes zu fördern und ihm beizubringen, selbst die Verantwortung für die Lernübungen zu übernehmen. Dazu musst Du vielleicht Deinen Hang zum Perfektionismus ablegen, und ein eventuell überschießendes Fürsorgegefühl oder auch die zu große Neugierde zügeln – und Deinem Kind Raum geben, seinen eigenen Weg fürs schulische Lernen zu finden.
Letzteres ist dabei tatsächlich wörtlich zu nehmen: Damit Dein Kind entspannt arbeiten kann, benötigt es einen eigenen Lernplatz. Solch ein eigener, optimal eingerichteter Lernplatz ist tatsächlich der wichtigste Hebel im Kampf gegen den täglichen Hausaufgaben-Kleinkrieg: Denn nur an einem festen Ort im eigenen Zimmer ist ein Lernen abseits des Familien-Trubels möglich.
Gleichzeitig ist hier auch genügend Abstand zu Dir vorhanden. So bist Du gar nicht erst versucht, ständig ins Heft zu gucken und auf eventuelle Fehler hinzuweisen. Oder bei kleinen Pausen zu stark anzutreiben etc. Und umgekehrt ist Dein Kind nicht zu sehr versucht, unter den wärmenden „Papa-Flügel“ zu schlüpfen, indem es ständig einfach direkt nach den Lösungen fragt.
Einen optimalen Lernplatz schaffen
Damit es mit dem selbstständigen Arbeiten klappt, gibt es bei der Einrichtung des Lernplatzes einiges zu bedenken. Er sollte so im Kinderzimmer platziert sein, dass möglichst Tageslicht vorhanden ist. Um eine zu große Ablenkung durch Spielzeug zu verhindern, helfen Pflanzen: Mit ihnen kannst Du einen Sichtschutz gegen die Baustein- und Puppenkisten schaffen – übrigens mit dem positiven Nebeneffekt, dass Pflanzen auch die Raumatmosphäre verbessern.
Wirklich wichtig ist, dass die Lernmöbel passen: Hochwertige, gut auf die Körpergröße des Kindes einstellbare Schreibtische kosten weniger als man denkt – und manche wachsen so gut mit, dass sie später sogar noch in die Studenten- oder Lehrlingsbude mitziehen können. Genauso wichtig wie der ergonomische Schreibtisch ist der Stuhl. Denn beim Sitzen muss Dein Kind „hibbeln“ können. Heute weiß man, dass Stillsitzen für Kinder gar nicht gesund ist: Nicht nur die Entwicklung eines gesunden Rückens benötigt viel Bewegung, „Zappeln“ kann sogar beim Lernen helfen!
Gute Kinderstühle tragen dem mittlerweile Rechnung, indem sie das sogenannte „bewegte Sitzen“ nicht nur ermöglichen, sondern sogar fördern.
Linktipp: Tipps für den idealen Platz zum Lernen + Video
Mit einem eigenem Lernort (und etwas Zurückhaltung väterlicher (Für-)Sorge) legst Du ein gutes Fundament für positive Lernerlebnisse und die Entwicklung von Selbstvertrauen. Und damit auch gegen den täglich stressenden Gruß des Hausaufgaben-Murmeltieres.
Danke Birgit
Birgit Bonn schreibt für das Magazin von kinderzimmer-haus.de. Wohnideen, gesunde und ergonomische Kindermöbel stehen dabei im Mittelpunkt. Als Mutter eines 16 jährigen Sohnes ist ihr auch das Reizthema Hausaufgaben bestens bekannt. Das Video „Hausaufgaben ohne Stress“ ist im Rahmen des Projektes „Bildung fängt zuhause an” , eine Spendenaktion von zuhause
Du findest Birgit online hier Website – Facebook – Google+
Feedback
Birgit freut sich tierisch, wenn Du Ihren Artikel teilst und uns Deine Erfahrungen und Herausforderungen beim Thema Hausaufgaben schreibst. Wir freuen uns auf Deinen Kommentar.
[…] In einer Woche gibt es die Halbjahreszeugnisse. Ich freue mich, dass mein großer Sohn (derzeit in der sechsten Klasse) ein wenig Zeit zum Durchschnaufen hat, denn das Pensum mit den vier Hauptfächern Mathe, Deutsch, Englisch und erstmals auch Latein war schon happig. Andreas hat einen passenden Text dazu: Wer macht denn bei Euch die Hausaufgaben – ehrlich, jetzt? […]