„Heute mache ich Elternzeit, Rente ist für mich noch lange kein Thema.“ Solltest Du so denken, dann lies bitte unbedingt diesen Artikel. Denn wenn Du heute bei Deiner Elternzeit Fehler machst oder einige Dinge nicht beachtest, kann das blöd werden. In ein paar Jahrzehnten fehlen Dir dann vielleicht wertvolle Euros (oder mit was auch immer wir dann bezahlen) in Deiner Kasse. Worauf Du achten solltest, erfährst Du in diesem Artikel. Ausserdem bekommst Du die notwendigen Formulare und Checkliste zum Download dazu. Los gehts:
Was hat ein zugefrorener See mit der Elternzeit für uns Väter zu tun?
Beides sieht auf den ersten Blick toll aus und lässt uns Dinge tun, die sonst völlig unmöglich wären (übers Wasser laufen zum Beispiel – also der zugefrorene See zumindest).
Beide haben aber auch etwas tückisches. Beim See weißt Du nie ob das Eis überall wirklich hält oder ob Du gleich einbrichst. Mit der Elternzeit ist das vergleichbar.
Die zwei bekanntesten Einbruchstellen der Elternzeit sind:
- Karriere – übersteht Deine Karriere die Elternzeit wirklich unbeschadet?
- Finanzen – wie verkraftet Eure Kasse den finanziellen Einschnitt
Eine dritte Einbruchstelle wird oft gar nicht berücksichtigt. Was macht die Elternzeit mit Deiner Rente?
Im schlimmsten Fall kann es sein, dass Du länger arbeiten musst oder weniger Rente bekommst. Um das zu verhindern ist es wichtig, dass Du Dir Deine Kindererziehungszeiten eintragen lässt, um der Rentenlücke vorzubeugen.
Linktipp: Wie Du für Deine Familie einen Finanzplan erstellen kannst, der alle Deine Budgetlöcher stopft
Wie steht es um Elternzeit heute überhaupt?
Alle schimpfen über die Elternzeit und über das Elterngeld. Es geht vielen noch nicht weit genug. Klar – mehr geht immer. Aber schau nur mal 10 Jahre zurück oder ins Ausland. Viele Väter aus dem Ausland beneiden uns um die Möglichkeiten, die wir heute schon haben. Ich denke, dass ist immer mal wieder gut im Hinterkopf zu haben.
Dennoch ist nicht alles super.
25% der Väter nehmen heute Elternzeit. Wir Väter verbringen nicht zu letzt dadurch schon deutlich mehr Zeit mit unseren Kindern. 4x so viel wie die Generation vor uns.
Doch 75% schaffen nicht mehr als das belächelte „Wickelpraktikum“ von 2 Monaten. Die Karriere steht im Weg und um die Zukunft der jungen Familie nicht zu gefährden, geht es nach 2 Monaten wieder zurück an die Arbeit.
Das Grundproblem ist immer noch, dass Du der Hauptverdiener bist. In den allermeisten Fällen. Alles was Dein Einkommen schmälert, ist für die Familie schwierig. Verdienst Du 33% weniger, kann Deine Frau das oft nicht kompensieren. Fällt Deine Rente schmaler aus, ist die Altersarmut für Euch beide nicht fern.
Welche Auswirkungen hat eigentlich die Elternzeit auf meine Rente?
Die Rente wurde damals als Einkommensersatz konzipiert. Idee ist, dass Du während Deines Erwerbslebens in die Rentenkasse einzahlst und später dann aus dieser Kasse Dein Leben im Ruhestand finanzierst.
Da es ein Solidarsystem ist, funktioniert es nach dem Schneeballsystem. Also bekommst nicht Du das Geld, dass Du in die Rentenkasse einbezahlt hast – sondern ein anderer, der jetzt gerade in Rente geht. Deine Rente müssen also Deine Kinder und Enkelkinder für Dich bezahlen.
Da die Rente somit zwangsläufig an Deine Erwerbstätigkeit gekoppelt ist, kommst Du nur in den Genuss Deiner Rente, wenn Du entsprechend Dein Soll erfüllt hast. Heute sind das 45 Berufsjahre.
Wenn Du aber Elternzeit machst und Dich zu Hause um Dein Kind kümmerst, bist Du streng genommen nicht erwerbstätig.
Die Folge ist also, dass Du entweder die Elternzeit für die Rente nacharbeiten musst – also diese Zeit hinten ran hängst. Oder Du bekommst weniger Rente.
Linktipp: Was Du tun kannst, damit Dein Kind vom Kindergeld richtig was hat
Wie sieht es denn mit Elternzeit und Riester Rente aus?
Bei der Riester Rente ist die Situation etwas anders. Riester ist ein Erfindung der Bundesregierung unter Gerhard Schröder, die Wege finden wollte die Rentenlücken zu schließen.
So lange Du in der Lage bist Deine Beiträge für die Riester Rente zu zahlen (also 4% von Deinem Vorjahreseinkommen), dann bekommst Du auch die entsprechenden Zulagen. Und die sind, dank Deines Nachwuchs, mal eben um satte 300 € angestiegen.
Ich habe eine betriebliche Altersvorsorge. Was passiert damit wenn ich in Elternzeit gehe?
Der dritte im Bunde ist die betriebliche Altersvorsorge. Wenn Du einen solchen Vertrag bei Deinem Arbeitgeber laufen hast, dann handelt es sich hierbei um eine sogenannte „Entgeldumwandlung“.
Die Beiträge für Deine betriebliche Altersvorsorge sind von Deinem Arbeitgeber subventioniert und werden direkt von Deinem Gehalt abgezogen und einbezahlt.
Wenn Du Elternzeit machst, bekommst Du kein Gehalt und damit ruht auch Deine betriebliche Altersvorsorge. Es gibt Versicherer solcher Altersvorsorgen, die es Dir ermöglichen private Einzahlungen zu machen, um die Betriebsrente nicht ganz ruhen zu lassen. Am besten fragst Du das mal bei Euch in der Personalabteilung nach.
Wie kann ich denn aber verhindern, dass ich eine Rentenlücke durch meine Elternzeit „erleide“?
Unsere geliebte Bundesadministration hat diesen Kuhfuss entdeckt und entsprechende Möglichkeiten bereitgestellt, wie Du der fiesen Rentenlücke entgehen kannst.
Ich habe es eingangs schon einmal erwähnt: das Zauberwort heißt Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtungszeiten wegen Kindererziehung.
Was heißt denn das?
Das heißt, dass Du Dir die Zeit, die Du zu Hause bei den Kindern verbracht hast, auf Deine Rente anrechnen lassen kannst. So verhinderst Du diese Rentenlücke.
Wenn Du Elternzeit nimmst, ist es für Dich besonders wichtig, dass Du daran denkst diese Kindererziehungszeiten eintragen zu lassen.
Frauen unter Generalverdacht
Für die Verwaltung unseren schönen Landes ist es immer noch der Standard, dass die Frauen sich um die Kindererziehung kümmern und nicht die Männer. Wenn Du Deinen Teil dazu beiträgst, musst Du das dort explizit mitteilen.
Es kann nur eine(n) geben
Die schöne Kindererziehungszeit hat einen kleinen Haken. Sie kann nur derjenige für sich bei der Rente geltend machen, wer den überwiegenden Teil der Betreuung übernimmt. Wie der Begriff „überwiegend“ nahelegt also nur einer von Euch beiden. Entweder Deine Frau oder Du.
Solltet Ihr also beide zu Hause sein (und das kommt gar nicht so selten vor), dann müsst Ihr Euch überlegen, wer die Rentenlücke riskiert.
Wie stark wächst meine Rente während der Elternzeit?
Wenn Du Dir also Deine Kindererziehungszeit bei der Rente anrechnen lässt, dann muss ja irgendwie Geld auf Dein Rentenkonto fließen. Da Du aber in der Zeit kein Einkommen hast, wird auf einen Standard zurückgegriffen.
Dieser Standard ist immer das Durchschnittseinkommen des Landes. Aktuell (Feb `17) liegt dieser bei rund 37.000 €. Solltest Du sonst mehr verdienen, dann wird das bei der Rentenanrechnung nicht berücksichtigt.
Was muss ich bei der Anrechnung der Kindererziehungszeit beachten?
Zuallererst – und das bist Du als Vater ja schon von verschiedenen Formalitäten wie Elterngeldantrag und der Beantragung der Elternzeit gewohnt – geht es um das richtige Timing.
Ideal ist es, wenn Du die Anrechnung der Kindererziehungszeit schon vor der Geburt einreichst. Spätestens ist das jedoch 2 Monate nach der Geburt fällig, ansonsten verschenkst Du etwas.
Wie sich das in Deutschland gehört, gibt es dafür ein ordentliches Formular. Ach was sage ich – zwei ordentliche Formulare.
Sie hören auf die schwungfollen Namen V0800 und V0805. Auch bekannt und beliebt als „Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten / Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung“ und „Zusatzfragebogen zur Kindererziehung“. Damit Du nicht lange suchen musst kannst Du sie Dir hier herunterladen:
Wichtig ist, dass sie von Euch beiden – also Dir und Deiner Partnerin – ausgefüllt werden. Damit bestätigt sie, dass sie von Ihrem offensichtlich hoheitlichen Recht der Kinderbetreuung zurücktritt und Du das übernimmst.
Solltest Du mehr als die 2 Monate „Wickelpraktikum“ machen, dann empfiehlt sich noch einen formlosen Zweizeiler hinzu zu packen, in dem Du Dich erklärst und mitteilst, wie lange Du in Elternzeit sein wirst.
Bestehe unbedingt auf eine Bestätigung und versende das Ganze als Einschreiben. Du willst kein Risiko eingehen, dass irgendjemand Deinen Antrag verlegt und später das Nachsehen hast.
Wenn Du für längere Zeit in Elternzeit gehst, musst Du unbedingt daran denken nach 3 Jahren erneut zu bestätigen, dass Du wirklich Elternzeit genommen hast. Erneut müsst Ihr beide – also Deine Partnerin und Du – das bestätigen. Es könnte ja sonst sein, dass Ihr Euch habt scheiden lassen und Du dann gar nicht mehr berechtigt bist Deine Kindererziehungszeit Dir anrechnen zu lassen.
Fazit
Elternzeit für Dich als Vater ist eine tolle Sache. Du kannst Zeit mit Deinen Kindern verbringen. Mehr Geld verdienen kannst Du immer aber Zeit kannst Du nicht vermehren. Es ist ausserdem mittlerweile erwiesen, dass Männer die Elternzeit nehmen, sich auch später deutlich mehr um die Kinder kümmern und ein besseres Verhältnis zu ihnen haben.
Also lass Dich nicht von Komplikationen und Hindernissen aufhalten. Du weißt jetzt worauf Du achten darfst und was es zu tun gibt, damit Deine Elternzeit keine negativen Auswirkungen auf Deine Rente haben wird.
Damit gibt es jetzt keine Ausreden mehr es nicht zu tun.
Und jetzt?
Das war eine ganze Menge Stoff. Damit Du nach Deiner Elternzeit keine böse Überraschung erlebst, habe ich Dir alle Infos in einer kurzen Checkliste noch einmal zusammen gestellt. Du kannst Dir die Checkkliste hier herunterladen.
Hallo! Ich bin beim Thema Anrechnung der Erziehungszeit auf die Rente über die Seite gestolpert und hatte auch ein Telefonat mit dem Amt. Ich möchte Stellung nehmen zu den Fragen von mambomba und Ulli. Ich glaube, hier wurde etwas falsch verstanden.
Wenn Die Elternzeit aufgeteilt wird, kann auch die Anrechnung entsprechend beantragt werden (Formular V0800 & V0805). Das Problem besteht dann, wenn beide zuhause sind, also die Elternzeit oder allgemein Zeiten ohne Beiträge zur Rentenversicherung, und sich die Erziehung tatsächlich teilen. In diesem Fall können die Ansprüche nur einem Elternteil zugeordnet werden. In der Regel ist dies die Mutter, kann aber nach Rücksprache anders beantragt werden. Dazu ist dann im Formular V0805 eine Unterschrift des anderen Partners nötig, dass dieser anerkennt, dass die Zeiten wie besprochen zugerechnet werden. Die Rente kann an eine Person pro Zeitraum angerechnet werden. Diese Zeiträume können aber beliebig und nicht zusammenhängend sein.
Wenn die 6+8 Monate Elternzeit eine Überschneidung haben, DANN besteht das Problem, das nur einer die Zeit gutgeschrieben bekommt.
Meine Bekannten bekommen bald ein Baby und sie interessieren sich dafür, ob die Elternzeit ihre Rente auswirkt. Gut zu wissen, dass man die Elternzeit für die Rente nacharbeiten muss. Dann sollte man sich auch alternative Varianten überlegen.
Danke für Deine Ergänzung, Martin.
Ich befürchte nicht. Weder ich, noch die meisten der Leser sind Experten auf die ich mich in „kniffeligen“ Fällen wie diesen verlassen würde. Im Zweifel immer bei einem Steuerberater oder beim Amt anfragen.
Hallo Andreas, gibt es schon neue Infos bzgl. der Frage vom 5.8.18? Stehen gerade auch vor dem gleichen Dilemma.
Da ich kein Rentenexperte bin, fragst Du dazu besser mal bei den Experten nach. Habe Dir hier mal die beste Adresse dazu verlinkt
Gibt es die die Möglichkeit (bei 2 Monaten) die „Rentenlücke“ selbst /privat bei der staatlichen Rentenversicherung durch eigene Einzahlungen zu schließen?
Danke für die gute Frage Robert. Ich gebe das mal hier weiter und poste es auch in unserer Community auf Facebook.
Hallo zusammen,
Unsere Tochter ist Mitte Juni 2018 zur Welt gekommen. Meine Frau macht 12 Monate Elternzeit und anschließend Elternteilzeit. Ich bleibe die Monate 1+14 zu Hause. Theoretisch entsteht einem von uns im 1. Monat eine Rentenlücke (in der Anrechnungszeit), da die Erziehungszeit nur einem zugeordnet werden kann. Gemäß Paragraph 58 SGB VI gilt die Mutterschutzzeit als Anrechnungszeit. Meiner Frau kann also während des Mutterschutz keine Lücke entstehen, was auch Sinn macht, da sie in dieser Zeit nach der Geburt nicht arbeiten darf. Wenn wir nun einen Antrag (V0820) stellen, dass ich das Kind im Zeitraum von der Geburt bis 31.07. erzogen habe, dann dürfte uns beiden keine Lücke entstehen. Die Rentenpunkte gingen dann an mich, was meine Frau jedoch nicht benachteiligen sollte, da wir verheiratet sind. Hat das jemand von Euch mal exerziert? Ich wundere mich, dass ich zu dem Thema im Netz nichts finde.
Gruß Robert
Ja, das ist so. Es können sich nicht beide die Erziehungszeit auf die Rente anrechnen lassen. Einer zieht den kürzeren und es ist in der Regel der, der weniger Erziehungszeit aufwendet.
Das frage ich mich auch gerade. Bei uns nehmen beide 6 + 8 Monate Elternzeit (ich als Papa die 8), das soll nicht individuell anrechenbar sein? Steinzeit-Konzepte, die unser Staat da hat.
Verstehe ich das richtig, dass zwar beide Elternteile pro Kind Anspruch auf 3 Jahre Elternzeit haben, sie das aber auf die Rente nur einmal anrechnen lassen können, auch wenn man sich alles gerecht aufteilt und somit keiner den „überwiegenden Teil“ übernimmt? (z.B. jeder arbeitet drei Tage und hat 3 Tage das Kind, der siebte Tage ist gemeinsamer Familientag)