Arbeiten von zuhause hat nur Vorteile und ist perfekt um Familie und Job unter einen Hut zu bekommen, oder?
Die Arbeitszeit beginnt nachdem die Kleinen in der Kita sind, zwischendurch mal fix eine Waschmaschine anschmeißen, zum Mittag kochen statt Kantinenessen und den Abwasch gleich statt erst am Abend erledigen.
Perfekt!
So bleibt am Ende mehr Zeit für alle. Pustekuchen! Eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung hat herausgefunden, dass Eltern im Home Office im Durchschnitt länger arbeiten als ihre Kollegen im Büro.
Ausgewertet wurden Antworten von 30.000 deutschen Arbeitnehmern. Das Ergebnis: Können Mütter sich ihre Zeit völlig frei einteilen, arbeiten sie knapp eine Stunde länger, bei Vätern sind es sogar zwei Überstunden pro Woche. Mehr Schlaf, Erholung und ein Freizeitgewinn ist daher durch solch flexible Arbeitsarrangements nur für die wenigsten drin.
Warum hat das Homeoffice trotz allem einen solch guten Ruf? Weil wir alle unterschiedlich sind, verschiedene Anforderungen und Möglichkeiten haben. Es gibt kein 1×1 für das Arbeiten von Zuhause.
Home Office als Standardanforderung an Unternehmen
Wer Fachkräfte gewinnen und halten will, der muss mit der Zeit gehen. Was bedeutet das? Die meisten von uns suchen heute nach mehr als nur nach einem Job, der das täglich Brot zahlt. Wir suchen nach Erfüllung, einer Beschäftigung, bei der wir das Gefühl haben, etwas zum großen Ganzen beizutragen. Ein Schlagwort hallt immer mit: Work-Life-Balance. Wie immer, kommt es ganz auf das Verhältnis an. Die beruflichen Anforderungen, die an uns gestellt werden, sollten die privaten Bedürfnisse nicht übertrumpfen.
Viele Firmen bieten heute die Möglichkeit der freien Arbeitsplatzwahl an, insofern das möglich ist und reagieren somit auf dem Wunsch vieler Angestellter nach mehr Flexibilität. Wer „Schreibtischtäter“ ist, profitiert hier von den Fortschritten der digitalen Welt. Mit dem Laptop lässt sich von überall arbeiten, die Geschwindigkeit des Internets verbessert sich ständig und die Einbindung eines Heimarbeitsplatzes ins Unternehmensnetzwerk ist in den meisten Fällen problemlos möglich.
Linktipp: Arbeiten von zu Hause – Spielregeln fürs Home Office
Auch wenn es so schön einfach klingt: Das Home Office bringt eine ganze Menge Herausforderungen mit sich, für den Arbeitnehmer, das Team und das Unternehmen.
Wenn das Ergebnis statt der Präsenz zählt
Erst einmal schön lange ausschlafen, dann gemütlich frühstücken, irgendwann dann vor den Computer setzen und ein paar E-Mails beantworten. Genauso stellen sich viele Führungskräfte ihre Teammitglieder im Home Office vor. Wie kann ein Mitarbeiter kontrolliert werden, wenn er nicht da ist? Wie kann sichergestellt werden, dass auch mindestens 8 Stunden Arbeitszeit zusammenkommen?
Ohne Vertrauen funktioniert die Zusammenarbeit mit einem Kollegen im Home Office nicht. Das gilt für alle Seiten und klappt nur mit offener Kommunikation und ja, auch mal konstruktiver Kritik. Wenn die Anforderungen klar sind und die Ergebnisse statt der Präsenz zählen, dann braucht es kein „Über-die-Schulter-schauen“.
Home Office erfordert 2x Selbstdisziplin
Viele der Heimarbeiter, die das Gefühl haben, von ihren Kollegen kritisch beäugt zu werden, hängen sich aber genau aus diesem Grund doppelt rein und muten sich zu viel zu. „Na, dann mache ich die Auswertung noch schnell fertig. Dann schreibe ich diese eine E-Mail noch.“ – Schwupps. Es ist Abend, Du wechselst vom Schreibtisch zur Couch und dann ins Bett. Die Arbeit im Home Office erfordert Selbstdisziplin. Es geht nicht nur darum sich tatsächlich auf die eigenen Aufgaben und Projekte zu fokussieren, sondern auch darum zu wissen, wann Feierabend ist.
Wie denn nun? Pro oder Contra? Sehen wir uns das Ganze einmal konkret an!
Vorteile des Home Office für Eltern
- Flexibilität
Wie bereits erwähnt, ist die flexiblere Gestaltung des Arbeitstages wohl der größte Plusfaktor für die Heimarbeit. Hat der Hausarzt nur Termine am Morgen frei, ist das in Ordnung. Hat Sohnemann einen Talentwettbewerb in der Schule der am Nachmittag stattfindet, können die verpassten Arbeitsstunden am Abend angehängt werden. Wichtig ist aber immer, dass An- und Abwesenheit mit dem Rest des Teams kommuniziert und abgestimmt werden muss. - Zeitersparnis
Der Weg zum Büro, die Suche nach einem Parkplatz, das Warten auf den Bus – nervige Pendelei fällt für Mamas und Papas, die von zu Hause aus arbeiten weg. - Kinderbetreuung wird einfacher
Da haben wir sie wieder – die Work-Life-Balance. Das Gleichgewicht zu finden ist eine Herausforderung, ist die aber gemeistert, kann einiges einfacher werden. Sind die Kinder zum Beispiel bereits etwas älter, brauchen aber am Nachmittag nach der Schule einfach jemanden der da ist, bietet es sich an von zu Hause aus zu arbeiten. Gleiches gilt, wenn die Kleinste mit Fieber vom Kindergarten heim geschickt wird.
Voraussetzung ist aber, dass Du dich immer noch konzentrieren kannst und dem Nachwuchs klare Grenzen gesetzt sind. - Weniger Ablenkung durch die Kollegen
Manch einer kann sich ganz allein und zu Hause einfach am besten konzentrieren. Gehörst Du dazu? - Arbeiten nach der eigenen biologischen Uhr
Eine eigene biologische Uhr? Haben Eltern die überhaupt noch? 😉
Wer sich spät am Abend besonders gut konzentrieren kann, für den ist das Home Office genau das Richtige.
Linktipp: Das Home Office liegt bei Vätern voll im Trend.
Nachteile des Home Office für Eltern
- Mehr Ablenkung durch häusliche Pflichten und die Familie
Die Ablenkung, die in den eigenen vier Wänden lauert, ist nicht zu unterschätzen. Die Kinder öffnen aller zehn Minuten die Tür und wollen bespaßt werden, dann mäht der Nachbar seinen Rasen und der Postbote klingelt an der Tür. Richte Dir feste Arbeitszeiten ein und vertröste die Freunde, die zum Kaffeeklatsch vorbei kommen wollten. Je besser sie sich für einen festgelegten Zeitraum konzentrieren können, desto schneller kannst Du auch wieder Zeit mit Deiner Familie verbringen. Hierbei hilft neben einer gedanklichen auch eine räumliche Abtrennung zwischen Arbeit und Privat. - Außergewöhnliche Arbeitszeiten
Für Eltern, die von zu Hause aus arbeiten und „zwischendurch“ noch die Kinderbetreuung übernehmen, wird die ganze Sache, die doch eigentlich mehr Flexibilität ins Lebens bringen sollte schnell zur Doppelbelastung. Dann nämlich, wenn der Haushalt und die Einkäufe tagsüber und die Arbeit nachts erledigt wird. - Herausforderung Technik
Die Technik treibt uns doch sicher alle ab und zu an den Rande des Wahnsinns. Gut ist es dann, wenn wir den technik-versierten Kollegen oder gleich das IT-Team rufen können. Zu Hause ist das nicht möglich. - Mangelnde Anerkennung
Nicht jeder kann mit dem Konzept Home Office etwas anfangen. Für die Großeltern erschließt es sich vielleicht nicht, wie Du von zu Hause aus wirklich arbeiten kannst. Du bist für sie ein Hausmann. - Fehlende Kontakte
Soziale Kontakte, der Flurfunk, der Tratsch an der Kaffeemaschine – all diese Aspekte der Kommunikation und der Teamzusammengehörigkeit können durch die Arbeit im Home Office verloren gehen. Tools wie Skype und Slack sind hilfreich, wenn man weiterhin am Büro-Chat beteiligt sein will. Manch einer teilt sich die Zeit auch gern ein: 2 Tage von zu Hause aus, 3 Tage im Büro.
Fazit – Segen oder Doppelbelastung? Du entscheidest!
Die Möglichkeit vom Home Office aus zu arbeiten ist für viele die Grundlage für eine perfekte Work-Life-Balance. Andere fühlen sich ständig vom eigenen Nachwuchs abgelenkt und vermissen den Austausch mit den Kollegen.
Letztendlich entscheidest Du selbst.
Arbeitest Du im Home Office oder hast es in der Vergangenheit getan? Ich freue mich darauf, von Deinen Erfahrungen zu hören.
Danke Saleh
Saleh Amiralai ist Führungskräftecoach, Geschäftsführer des Unternehmens Hirnpuls und Chief Happiness Officer.
Seine Mission:
Dafür sorgen, dass Führungskräfte und Mitarbeiter auch an einem verregneten Montagmorgen mit einem Lächeln im Gesicht zur Arbeit gehen. Saleh unterstützt Unternehmen dabei, Führungsaufgaben wirksamer zu gestalten und für mehr Mitarbeiterzufriedenheit zu sorgen.
Danke für Deinen Kommentar. Ich mag das Bild von Brutto – und Nettoarbeitszeit. Habe ich so noch gar nicht betrachtet.
Hi,
ich habe zwar noch keine Kinder aber habe 99% Homeoffice. Ich würde es nicht mehr her geben wollen. Bei mir zählt auch das Ergebnis und nicht die körperliche Anwesenheit im Büro.
Eines Vorweg: Ob HO für jemanden funktioniert ist vom Arbeitsinhalt abhängig. Ich habe einen Vollzeitjob mit Leerlauf zwischendurch. Ich arbeite quasi in „Bereitschaft“. Es würde mich nerven wenn ich diesen Leerlauf ungenutzt im Büro sitzen müsste. Es gibt aber auch Tage die sind vollgestopft und es geht auch mal länger als 8 Stunden. Da bin ich froh schon zu Hause zu sein um nicht in den Verkehr usw… zu geraten. Vom Prinzip kann man sagen ich habe eine Brutto und eine Nettoarbeitszeit.
Zum Thema man arbeitet länger: Wenn etwas dringendes anliegt kann man auch im Büro nicht einfach sagen: „So ich mach Feierabend!“
Fazit: Nie mehr ohne!