Leistungsdruck in der Schule macht immer mehr Kinder kaputt. Darum geht es in diesem Artikel. Du erfährst, warum das „gute alte Wissen“ sich überlebt hat, was stattdessen wichtiger geworden ist und wie Du damit umgehen kannst.
Es ist beängstigend – absolutes Wissen wird in der heutigen Zeit immer unwichtiger.
Wer muss schon noch wissen von wann bis wann der 30 jährige Krieg genau stattfand? In Zeiten von Google ist Wissen kein Wettbewerbsvorteil mehr.
Für unsere Kinder ist das Realität aber hast Du das für Dich schon vollkommen realisiert?
Wir können unsere Kinder nicht wirklich auf die Zukunft vorbereiten.
Die Herausforderung für unsere Kinder wird später einmal sein, kreative Lösungen für Probleme zu finden, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können. Ein Beweis dafür, dass wir unsere Kinder nicht wirklich auf ihre Zukunft vorbereiten können.
Linktipp: Wie sieht die Welt unserer Kinder aus? Können wir sie richtig darauf vorbereiten?
Viele von uns ahnen das und versuchen daher möglichst alles in das Kind hineinzustopfen, was im entferntesten sinnvoll klingt.
Englisch ab dem Kindergarten? Yes, please!
Geigenunterricht nach der Schule? Klar.
Mindestens 3 Sportarten? Bewegung tut gut.
Chinesisch? Ohne geht doch gar nicht mehr!
Die Konsequenz? Der Terminkalender der Kinder ist komplett durchgetaktet. Zeit für Verabredungen – Mangelware.
Langeweile? Wann denn das?
Mit der Kindheit, wie Du sie kennst und erlebt hast – hat das nichts mehr zu tun. Es ist aber wahrscheinlich auch kein Zufall, dass Kinder heute an Krankheiten leiden, die es früher gar nicht gab.
Burn-Out bei Kindern wird immer häufiger und ein Alarmsignal, dass uns verdeutlichen sollte, dass hier etwas nicht stimmt.
Linktipp: Wie kommt es zu Burnout bei Kindern?
Spielen braucht wieder den Stellenwert, den es verdient.
Was dabei oft vergessen wird – es sind Kinder.
Kinder wollen und sollen spielen. Sie sollen sich ausprobieren und ihre Welt entdecken. Auf diese Weise entwickeln sich Kinder zu sozialen Wesen mit einer eigenen Weltanschauung und Erfahrungen.
Ein Kind braucht die Freiheit Kind zu sein, zu wissen wie man sich langweilt und was es dagegen zu tun gibt. Probleme mit den Spielkameraden aus der Welt zu schaffen und die Welt auf eigene Faust entdecken. Das ist die Basis für Fähigkeiten, die sie später einmal brauchen werden.
Wir Eltern sind am Leistungsdruck in der Schule mitschuldig
Im Wertebild heutiger Eltern ist Spielen Nebensache.
„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“.
Ist es nicht traurig, dass wir unseren Kindern die gleichen schnöden Lebensphilosophien aufbürden, die in der Erwachsenenwelt so viele Leute in den Burn-Out treiben?
Spielen darf nicht am Ende der Prioritätenliste stehen, denn:
- Spielen ist gesund – und zwar nicht nur für den Geist, sondern auch für die körperliche Entwicklung des Kindes. Spielen trainiert das Gehirn und bringt das Kind in Bewegung.
- Spielen ist Glück und Freude – es wirkt auf das innere Gleichgewicht und hilft Stress zu vermeiden oder abzubauen
- Spielen ist Disziplin – im Spiel lernen die Kinder Regeln einzuhalten. Das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl wird gefördert.
- Spielen ist lernen – Kindern lernen im Spiel. Sie übernehmen Verantwortung für sich aber auch für andere.
Kinder brauchen das Spiel sowohl als Lerninstrument als auch als Ausgleich für Schule und andere Tätigkeiten. Spielen braucht wieder den Stellenwert, den es in unserer Kindheit hatte.
Bei mir bestand der Tag zu 40-50 % aus spielen – und bei Dir?
Spielen macht Kinder glücklich
Bei all dem Schul- und Freizeitstress haben Kinder heute kaum noch ausreichend Zeit zum Spielen. Dabei ist Spielen so wichtig.
Nicht nur, dass Spielen Kinder glücklich macht, es ist auch gut für die Entwicklung. Spielen trainiert körperliche Fähigkeiten, Denken, Fühlen und die soziale Entwicklung.
Ausserdem lernen Kinder Verantwortung zu übernehmen, wenn Du sie spielen lässt. Sie brauchen Zeit und Gelegenheit die Welt zu entdecken, neues auszuprobieren und sich auszutoben. Das Vertrauen, dass Du ihnen schenkst in dem Du sie „machen lässt“ ist für Kinder mindestens so wichtig wie die Mathe-Hausaufgabe.
Lesetipp: Generation Zaun: Heute wagen sich Kinder kaum mehr vors Haus
The more #movement, #playing your child does, the more he/she will be stimulating the #rightbrain. pic.twitter.com/4rAfNFFL6X
— Dr Robert Melillo (@DrRobMelillo) 12. März 2014
Das Gegengift gegen Leistungsdruck in der Schule
Ein großes Problem der Kinder heute ist, dass es immer weniger Eltern gibt die ihnen beibringen können, wie man richtig spielt.
Eine repräsentative, britische Studie hat ergeben, dass 21% der Eltern (also jeder 5.) völlig hilflos sind, wenn sie mit ihren Kindern spielen sollen. Sie haben keine Ahnung wie sie spielen sollen, was sie spielen können und haben häufig auch keine Lust dazu.
Schade, denn diese Eltern verpassen sehr viel:
- Sie verpassen die Möglichkeit Qualitätszeit mit ihren Kindern zu verbringen
- Sie verpassen es eine starke Bindung zu Ihrem Kind aufzubauen
- Sie verpassen die Chance sich von der Spontanität und Lebensfreude Ihres Kindes anstecken zu lassen
Du als Papa bist gefragt
An dieser Stelle mein Aufruf an Dich.
Lasst Eure Kinder mehr spielen und zeigt ihnen wie es geht!
Und dieser Aufruf geht sowohl an Mütter als auch an Väter. Denn gerade die Unterschiede zwischen der weiblichen und der männlichen Art zu spielen sind wichtig für Kinder.
Papas spielen meist „dynamischer“ (andere sagen dazu „wilder“) als Mamas. Wenn Väter spielen wird es häufig körperlich. Es wird getobt, gerannt, geklettert und gekabbelt. Ein wichtiger Kontrast zu dem sonstigen Alltag in Schule, Kindergarten und der Zeit mit der Mutter.
Was Du mit Deinem Kind spielen kannst
Wenn Du mit Deinen Kindern spielen möchtest, sucht Euch etwas aus an dem Ihr beide Spaß habt. Eurer Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt.
Ich habe mal aus dem Stehgreif einige meiner Lieblingsbeschäftigungen mit den Kindern zusammengetragen.
Wenn Dir noch mehr einfallen, ergänze die Liste gerne in den Kommentaren:
- mit Spielzeug Autos umherfahren
- Puppen spielen
- Gesellschaftsspiele (Memory, einfache Brettspiele, Monopoly)
- Bauklötze (Türme bauen)
- mit Lego (früher Duplo, jetzt das „kleine“ Lego) bauen
- Friseur / Schminken (Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie ich am letzten Wochenende aussah)
- Rollenspiele (Vater Mutter Kind)
- Ausmalbilder ausmalen (Vorlagen für Ausmalbilder)
- Sandburgen im Sandkasten bauen
- Fangen spielen
- Verstecken spielen
- gemeinsam Bücher lesen (Bücher zum Vorlesen auch als eBooks)
- mit Knete formen
- gemeinsamen Spaziergang im Wald
- Perlensteckbilder machen
- Carrera-Bahn fahren
- in der Kinderküche kochen
- …
Ich könnte diese Liste noch ewig fortführen.
Schaffe eine Umgebung, in der Kinder schön und sicher spielen können. Das heißt nicht, dass Du Euer Haus oder Eure Wohnung in die „Villa Kunterbunt“ verwandeln musst. Bei uns zum Beispiel sind es die Kinderzimmer. In den anderen Wohnräumen findet sich kaum Spielzeug. Die Kinderzimmer sind die Spieloasen. Hier finden die beiden alles vor, was sie brauchen. Natürlich dürfen auch Spielsachen mit in andere Räume genommen werden, sie werden dort aber später wieder weggeräumt.
Kinder alleine spielen lassen
„OK, jetzt auch noch den ganzen Tag spielen, wie soll ich das denn auch noch hinbekommen?“
Als Papa hat Dein Tag nur 24 Stunden. Ich will auch gar nicht sagen, dass Du den ganzen Tag mit Deinem Kind spielen sollst.
Im Gegenteil.
Kinder lieben und genießen es wenn Du mit ihnen spielst, sie können sich aber auch ganz gut alleine beschäftigen. Deshalb, wenn Dein Kind in eine Sache vertieft ist, störe es nicht.
Bei der ganzen Beschäftigung und Spielerei ist es wichtig die richtige Balance zwischen gemeinsamen spielen und der Beschäftigung alleine zu finden. Auch das „mit sich selbst beschäftigen“ können ist eine wichtige Eigenschaft, die Kinder lernen müssen. Ein Kind, das den ganzen Tag Input von aussen braucht, wird es spätestens in der Schule sehr schwer haben.
Führe daher schon früh Zeiten am Tag ein, in denen sich Dein Kind alleine beschäftigen muss. Gib ihm eine Aufgabe oder ein paar Dinge mit denen es spielen kann.
Wichtig ist, dass Du dabei in der Nähe bleibst und es sich nicht alleine fühlt.
Du siehst, spielen ist so viel mehr als nur Spielerei. Für die Kinder ist es eine wichtige Komponente in der Entwicklung.
Wie natürlich Spielen ist, erkennst Du wenn Du Tierdokus schaust. Dort siehst Du kleine Löwenkinder, die den ganzen Tag nichts anderes machen als spielerisch alles mögliche zu jagen. Sie jagen Käfer, ihre Geschwister und den Schwanz der Mutter. Diese Spiele bereiten sie Schritt für Schritt auf das spätere Leben vor und auf alles, was dann überlebenswichtig ist.
Und jetzt?
In den letzten Jahren hat unsere Gesellschaft vergessen, dass das Spiel für viele Generationen ein elementarer Bestandteil der Kindheit war und alle diese Generationen wohlgeratene, erfolgreiche Menschen hervorgebracht haben. Stattdessen jagen wir irgendwelchen statistischen Vergleichen hinterher und züchten Superkinder heran. Leistungsdruck in der Schule, Sport und Freizeit sind an der Tagesordnung.
Lass uns unseren Kindern wieder die Möglichkeit geben die Kindheit zu genießen. Ich möchte, das unsere Kinder spielen – es ist so wichtig für sie.
Dein erster Schritt: schau Dir eine typische Woche Deines Kindes an. Welche Termine stehen fix auf dem Terminplan. Wie viel Zeit bleibt nach der Schule und den Hausarbeiten für Verabredungen mit Freunden und einfach nur freie Zeit?
Hinterfrage Dich ruhig kritisch ob das genug ist (meiner Meinung nach sollte die freie Zeit >50% sein).
Solltest Du zu der Erkenntnis gelangen, dass die Freizeit vielleicht doch etwas zu kurz kommen könnte, fahre ein paar außerschulische Aktivitäten herunter. Sprich mit Deinem Kind was es wirklich mag oder wovon es auch etwas weniger sein könnte.
Vor allem aber ist es wichtig, dass Du begreifst das “Spielen” keine vergeudete Zeit ist sondern für die Zukunft Deines Kindes weit aus wichtiger sein wird als die dritte Fremdsprache oder der vierte Sportclub.
Kennst Du jemanden der über den Leistungsdruck in der Schule mal grundlegend nachdenken sollte? Teile diesen Artikel mit ihm.
Ja, zumindest in der Kita nicht. Dort muss es Dauerbeschäftigung durch angeleitete Projekte und Aktivitäten geben. Wehe das Turnen fällt aus, weil das Wetter so schön ist und wir anstatt den Vormittag in der Halle zu verbringen, lieber auf dem Spielplatz gespielt und Hummeln beobachtet haben (=> und so ein neues kleines Projekt mit den Kids enstanden ist)- dann gibt es Ärger! (Erst diese Woche so erlebt) In vielen Fällen geht dann die Dauerförderung zu Hause weiter. Ich denke, der Teil dieser Eltern nicht versteht, dass „spielen“= „lernen“ für Kinder bedeutet. Sie suchen ihr Heil im „Nürnberger- Trichter“. Ich versuche es positiv zu sehen: Diese Eltern wollen ja im Grunde nur das Beste für ihre Kinder und früher oder später kommt hoffentlich die Einsicht! 😉
Danke für Deinen Kommentar.
Meinst Du etwa, der Großteil der Eltern will nicht, dass die Kinder spielen?
Oer habe ich die falsch verstanden?
Ich liiiiiebe diesen Artikel! Wo kann ich dich als Kita- Vater bestellen??? 😉 Möchtest du nicht mal bei uns der Kita ein Plädoyer für das Spiel halten? Wir – das pädagogische Personal – kämpfen da momentan mit einer Minderheit der Elternschaft gefühlt gegen Windmühlen… (Was ich den Eltern nicht übel nehme, sie möchten ja im Grunde nur das Beste für ihr/e Kind/er, anstrengend ist es trotzdem!)
Das unterschreibe ich sofort: Spielen ist das Wichtigste in der Kindheit. Spielen bildet Grundlagen für ein Verständnis der Welt. Spielt mit Euren Kindern und lässt ihnen Zeit für freies Spiel!
… Und überhaupt: Wer kommt auf die Idee, einen Benchmark darüber zu machen, wie _glücklich_ Kinder sind?
Kinder? Du meinst diese kleinen Erwachsenen? Ist manchmal leider tatsächlich so, oder? Dank dir für den Input, der Artikel erinnert mich wieder daran was mir mit meinen Kids so viel Spaß macht – und morgen ist fast schon Wochenende YES 🙂