Findest Du nicht auch, dass Kinder heute unter einem wahnsinnigen Druck stehen?
Schulisch muss es schon ganz früh, ganz steil nach oben gehen, sonst wird es später schwierig. Ich habe neulich mit einem Freund gesprochen. Er ist selbstständig, hat ein mittelständisches Unternehmen und stellt nur Mitarbeiter mit Abitur ein. Er sagte: „Wenn ich kein Abi in den Unterlagen sehe, wandert die Bewerbung gleich in den Müll“. Und er ist offenbar kein Einzelfall.
Harte Zeiten – scheinbar. Kein Wunder also, dass viele Eltern Ihre Kinder zu guten, schulischen Leistungen animieren. Sie wollen ja, dass Ihr Kind es später gut hat und einen vernünftigen Job findet.
Und dann das.
Es gibt Zeugnisse und der “Jammerlappen“ (so haben wir die Zeugnisse früher genannt) fällt nicht so aus wie erwartet.
Wie reagierst Du richtig auf ein schlechtes Zeugnis?
Keine Reaktion ist die beste Reaktion
Wenn Dein Kind mit einem schlechten Zeugnis nach Hause kommt, ist es vielleicht das Beste erst einmal gar nicht zu reagieren. Versetz Dich in seine Lage; es hat das Zeugnis in Empfang genommen, weiß dass es schlecht ist und muss das jetzt zu Hause präsentieren.
Seit der Vergabe hat es diesen Stein im Magen. Ich weiß noch aus meiner Schulzeit, dass wir einige Kinder dabei hatten, die sich mit einem schlechten Zeugnis gar nicht nach Hause getraut haben.
Schlechte Zeugnisse fallen nicht aus heiterem Himmel
Das das Zeugnis schlecht ausfallen wird, sollte für Dich keine große Überraschung sein. Im Laufe des Halbjahres siehst Du welche Ergebnisse Dein Kind in den Arbeiten erreicht.
Wenn es da nur vieren und fünfen nach Hause bringt, ist wohl kaum davon auszugehen, dass es auf dem Zeugnis eine zwei oder drei haben wird.
Nachdem Du das Zeugnis vorgelegt bekommen hast, reagiere möglichst neutral. Wechsele das Thema und macht mit Eurem Alltag weiter. Ich würde auch auf Kommentare wie „Na, das haben wir ja kommen sehen…“ oder ähnliches verzichten.
Du darfst sehr wohl herausstellen, dass Ihr Euch in nicht zu ferner Zukunft mal mit dem Thema gemeinsam auseinander setzen wollt.
„Im Affekt ist alles nichts“
Diesen schönen Spruch habe ich mir beim Freiherr von Knigge abgekupfert und er hat sehr recht. Vermeide es Deine Enttäuschung zum Ausdruck zu bringen. Das bringt Dich nicht weiter und belastet Dein Kind nur noch mehr.
Wie war das zum Beispiel bei Dir? Warst Du immer der schulische Überflieger oder hattest Du auch mal Zeiten, in denen Du eher ein Sorgenfall schulischer Natur warst?
Ich sehe bei meinem Sohn, der jetzt in der Schule ist, schon sehr starke Parallelen zu mir selbst. Wie ich damals, lässt auch er sich gerne und schnell bei den Hausaufgaben ablenken. Dabei denke ich immer wieder an meine Schulzeit zurück und bereite mich schon jetzt mental auf die Tiefen vor, die vielleicht noch vor uns allen liegen. Wenn das mit der Ähnlichkeit wirklich so weiter geht…
Ich erinnere mich noch gut, das meine Mutter mehrfach im Affekt gesagt hat: „Hoffentlich werden Deine Kinder mal genau so wie Du. Dann siehst Du mal was das für Nerven kostet“. Sie hat es sicher nicht so böse gemeint, wie das hier geschrieben aussieht aber so ist das mit dem Affekt.
Nicht für die Schule sondern fürs Leben lernen wir
Viele schimpfen ja immer auf das Schulsystem und den vermittelten Inhalten (ich zähle mich auch dazu) aber es liegt auch an uns als Eltern, was wir daraus machen.
Wir verfolgen den Grundsatz, die Schulzeit als die Vorbereitung auf das Leben zu nehmen, die sie ist. Eine der wichtigsten Regeln, die ich meinen Kindern vermitteln möchte ist, dass Sie das herausbekommen, was sie investieren.
Input = Output
Diese einfache Gleichung gilt im Leben wie in der Schule. Ich kann bei der Arbeit nur so erfolgreich sein, wie ich mich anstrenge. Eine Beziehung ist nur dann glücklich und stabil, wenn beide Partner daran arbeiten. Ein Sportler ist nur so erfolgreich, wie er Zeit in sein Training investiert…
Ich könnte noch eine ganze Seite Beispiele konstruieren, der Punkt sollte aber klar sein.
Es ist also auch bei den schulischen Leistungen so, dass gute Schulnoten von entsprechender Arbeit kommen und schlechte Schulnoten von entweder zu wenig oder der falschen Vorbereitung.
Ab auf die Spurensuche
In der Aufarbeitungsphase ist es jetzt an Dir und Deinem Kind, herauszuarbeiten woran es gelegen hat, dass die Leistungen entsprechend waren.
Stimmt der Alltag noch zum geforderten Leistungsniveau?
Um die entsprechende Arbeit in die Schule investieren zu können, muss Dein Kind die ausreichende Zeit dafür haben.
Hat Dein Kind diese?
Wenn auf dem Wochenplan 3x Fussball, Musik und Schwimmen steht, bleibt unter Umständen nicht mehr genug Zeit oder Kraft für effektives lernen? Dann dürft Ihr gemeinsam darüber nachdenken, welche Anpassungen hier gemacht werden sollten.
Holt einen Experten
Zeit alleine kann aber möglicherweise nicht ausreichen. Wenn Dein Kind den Stoff nicht versteht, Du ihm nicht helfen kannst oder es mit Euch beiden als Lerngemeinschaft einfach nicht klappen will – holt Euch Hilfe.
Nachhilfe können gute Mitschüler geben oder Organisationen wie die Schülerhilfe.
Modelliert Gutes
Dein Kind wird wahrscheinlich nicht in allen Fächern schlecht sein. Analysiert gemeinsam, was in den Fächern, in denen es gute Noten schreibt, besser läuft. Was macht Dein Kind anders? Gibt es etwas was sich für andere Fächer übernehmen lässt?
Dein Kind ist mehr als im Zeugnis steht
Besonders wichtig finde ich, dass Du Dein Kind jetzt aufbaust. Es leidet unter einem schlechten Zeugnis ebenso und findet das alles andere als lustig. Ein schlechtes Zeugnis kann sehr stark am Selbstbewusstsein nagen und damit die Basis für eine unangenehme Abwärtsspirale aus mangelnder Motivation durch Misserfolge legen.
Das Lernportal Scoyo hat eine sehr unterstützenswerte Aktion ins Leben gerufen. Es fordert uns Eltern dazu auf, unserem Kind ein eigenes Zeugnis auszustellen, dass nicht die schulischen sondern die menschlichen Leistungen herausstellt.
Das bessere Zeugnis
Die Idee ist, Deinem Kind ein Zeugnis auszustellen, in dem Du die folgenden 5 Fragen beantwortest:
1. Was die Lehrer nicht über Dich wissen
2. Ich wäre fast vor Stolz geplatzt, als Du im letzten halben Jahr …
3. Darüber habe ich mich geärgert …
4. So würde ich Dich in wenigen Worten beschreiben, wenn mich jemand nach dir fragt
5. Die Welt wäre so viel ärmer ohne Dich, weil …
Stelle Deinem Kind heute noch ein solches Zeugnis aus und besprich es mit ihm. Du wirst sehen, dass das schlechte Schulzeugnis bald nur noch das ist, was es immer schon war: ein Jammerlappen.
Und Du?
Wie gehst Du mit dem Zeugnis Deines Kindes um? Werden gute Noten belohnt? Ich freue mich auf Deinen Kommentar .
Das Wichtigste ist in meinen Augen, das ganze Schuljahr zu beobachten. Dann können eigentlich (wie ja auch im Text steht), kaum große Überraschungen aufkommen. Wenn ich als Papa weiß, dass das Zeugnis nun nicht die Bombe sein wird, dann kann ich doch auch schon einen Tag vorher meinem Kind die Angst nehmen und sagen, dass das zeugnis nur dafür da ist, einen daran zu erinnern, was man vielleicht besser machen möchte. Gar keine Reaktion zu zeigen, wenn man das schlechte Zeugnis sieht, finde ich nicht so toll. Das merkt das Kind doch auch und könnte es vielleicht auch als passiv aggressive Enttäuschung interpretieren. Kommunizieren würde ich in jedem Falle als die bessere Option sehen.
Die Idee mit dem Elternzeugnis finde ich auch super. Die werde ich mir auf jeden Fall merken für die Zukunft.
LG Indro
Noch sind wir nicht in der Jammerlappen-Situation. Schön zu lesen, dass auch der Papa sich Gedanken drum macht.
Das Elternzeugnis, das du zum Schluß erwähnst, finde ich besonders gut!So eins gibt’s bei uns in abgewandelter Form sehr oft, die Kids fragen sogar danach.
Danke und weiter bitte…