Nach der Arbeit hast Du Hause Lust auf heile Welt und willst nicht den meckernden Papa machen?
Wenn Du aus diesem Grund jedoch Konflikten aus dem Weg gehst, wirst Du inkonsequent und verlierst an Glaubwürdigkeit und Gewicht bei den Kindern.
Ein Dilemma.
Wie bekommst Du Deine Kinder dazu, zu machen was Du möchtest, ohne der böse Papa sein zu müssen?
Du kennst solche Momente bestimmt. Die Kinder spielen, toben und gehen dabei auch mal einen Schritt zu weit.
Letzten Samstag war es mal wieder so weit. Die Kinder spielen, im Flur und dem angrenzenden Wohnzimmer, fangen. Auf einmal ist Florentine nicht mehr zu halten. Sie nimmt vor ihrem Bruder Reißaus, macht eine Hechtsprung aufs Ledersofa und hüpft triumphierend darauf herum.
Bei uns ist das Stehen und besonders das Springen auf Stühlen und Sofas ein No-Go, weshalb ich meine Schnibbelarbeit fürs Mittagessen unterbreche, um ordnend einzuschreiten. Zeit für Kindererziehung.
“Florentine, es wird nicht auf dem Sofa herum gehobst, geh da bitte runter…” . Ich fand mich konsequent, ruhig, unaufgeregt und ziemlich neutral. Gut gemacht.
Florentine hatte eine andere Auffassung. Völlig beleidigt ist sie, ohne ein Wort, vom Sofa runter, stampfenden Schrittes die Treppe rauf, um in ihrem Zimmer zu schmollen.
Sofort hat es mich, das schlechte Gewissen das wir 2-Stunden-Papas in solchen Momenten bekommen. Wir verbringen wenig Zeit mit den Kindern, so dass wir versuchen die verbleibende Zeit nicht mit Streits und strengen Worten zu verschwenden.
Auf dem Weg nach oben fängt meine Frau mich ab, “Na, kommt sie wieder mit ihrer Masche durch?”
Eiskalt erwischt.
Tatsächlich ist es so, dass beide Kinder auf Maßregelungen von meiner Seite deutlich drastischer reagieren als bei meiner Frau. Nicht selten weckt das ein schlechtes Gewissen bei mir und ich gehe ihnen hinterher um die Situation zu entschärfen.
Wie konnte mir das nur entgehen?
Es ist nicht leicht konsequent zu sein und den Kindern Grenzen aufzuzeigen.
Kinder brauchen doch Grenzen, oder?
Wie vieles so unterliegt auch die Erziehung verschiedenen Trends. In den 50ern war Autorität ganz weit vorne. Kinder waren gut damit beraten den Eltern zu gehorchen, sonst gab es etwas.
[Tweet „Kinder brauchen doch Grenzen, oder?“]
Das hat den Kindern sicher nicht gefallen, weshalb exakt diese Kinder als Eltern in den 70ern bei Ihren Kindern genau das Gegenteil angewandt haben. Antiautorität war geboren. Alles kann, nichts muss.
Jetzt sind wir an der Reihe – die nächste Generation.
Was tun wir?
Ich denke wir sind uns einig, dass der harte Vater wenig zeitgemäß ist und weder ich noch Du Kinder großziehen möchten, die Angst vor uns haben.
Bleibt die Frage, wie locker dürfen wir sein?
Erziehung ist die Vorbereitung der Kinder auf das spätere Leben, daran dürfen wir immer denken. Und das Leben setzt uns jeden Tag Grenzen. Es gibt Grenzen die müssen wir akzeptieren und Grenzen, die können wir überwinden wenn wir genug investieren. Das dürfen Kinder ruhig schon früh genug erleben, um später keine harte Realitätskollision zu erleiden.
Wir leben in einer Zeit, in der vieles untersucht wird. Studien haben herausgefunden, dass die selbstbewusstesten, kontrolliertesten, zufriedendsten, unternehmungslustigsten und unabhängigsten Kinder, eine gesunde Mischung aus klaren Regeln und Grenzen gemischt mit freier Entwicklung und herzlicher Wärme erlebt haben.
Grenzen sind keine Verbote
[Tweet „Grenzen sind keine Verbote!“]
Das Wort Grenzen ist negativ besetzt und ruft Assoziation wie Verbote und Konsequenzen hervor. Das ist, gerade für Kinder nur die halbe Wahrheit, denn Grenzen bieten Kindern auch Orientierung und geben ihnen Halt.
Kleines Beispiel: wie lange braucht Dein Kind sich etwas zum Anziehen auszusuchen, wenn Du ihm die freie Auswahl lässt?
Ich habe das mal ausprobiert und den Versuch nach einiger Zeit abgebrochen, weil kein Ergebnis in Sicht war und die Nerven aller Beteiligten deutlich strapaziert waren.
Habe ich aber eine kleine Hilfestellung geboten und die Auswahl eingegrenzt, war die Entscheidung in kürzester Zeit gefallen. Sehr zu meiner Freude aber auch die Kinder waren mit dieser – immer noch selbstgetroffenen – Entscheidung deutlich glücklicher.
Grenzen machen es für die Kinder leichter, nicht für die Eltern
Kinder brauchen Grenzen ist eine Feststellung und keine Einstellung zur Erziehung. Wer denkt er könne diese „Weisheit“ allzu wörtlich nehmen, sich dadurch das Nachdenken in der Erziehung sparen und einfach mal lustig Grenzen setzen und Verbote aussprechen, ist auf dem Holzweg.
Ich denke Kinder brauchen Grenzen im Sinne von Richtung und Unterstützung.
Der 2-Stunden-Papa muss auch mal durchgreifen
Wenn Du nach der Arbeit nach Hause kommst, freust Du Dich auf den angenehmen Teil des Tages mit der Familie.
Blöd nur, wenn Deine Kinder gerade ihre Sturm- und Drangphase ausleben und ein bisschen testen wollen, wie weit sie gehen dürfen.
Gerade weil wir Väter weniger Zeit mit den Kindern verbringen, laufen wir Gefahr deutlich mehr durchgehen zu lassen. Wir wollen nicht als der böse Papa dastehen, der selten zu Hause ist und wenn doch, nur meckert.
Und das passiert oft gar nicht bewusst. Ich zum Beispiel hätte von mir behauptet, dass ich mich gut durchsetze und eine gesunde Portion Konsequenz in meine Erziehung mit einfliessen lasse.
Das habe ich so lange geglaubt, bis meine Frau mir die Augen besonders über das Verhalten meiner Tochter geöffnet hat.
Ich möchte nicht autoritär sein, trotzdem sollen die Kinder machen, was ich sage
Vielleicht stehen wir beide vor dem gleichen Dilemma. Wir wollen nicht der Luschi-Papa sein, dem die Kinder auf der Nase herumtanzen. Wir wollen aber auch nicht die wenige Zeit, die wir in der Woche haben, mit Macht-Kämpfen und Streitereien verbringen.
[Tweet „“Ich möchte nicht autoritär sein, trotzdem sollen die Kinder machen, was ich sage.““]
Wie können wir diesen Spagat hinbekommen? Nachdem meine Frau mir die Augen geöffnet hat, habe ich lange darüber nachgedacht und mich mit Freunden ausgetauscht. Herausgekommen sind 3 Punkte, die meiner Meinung wichtig sind, um diesen Spagat hinzubekommen. Falls Du vor einer ähnlichen Problematik stehst, möchte ich Dir diese nicht vorenthalten:
- Von Anfang an Konsequent sein – wäre ich von Anfang an konsequent gewesen, hätten die Kinder mich gar nicht anders gekannt. Sie hätten gewusst woran sie bei mir sind, das ein Wort ein Wort ist und schmollen, beleidigt sein, etc. nichts bringt. Da sie an dieses Verhalten gewohnt gewesen wären, kommt es ihnen nicht negativ oder streng vor.
- Durch Alternativen lenken – wenn Du Deinen Kindern Grenzen setzen möchtest, ohne Verbote auszusprechen, biete ihnen eine begrenzte Auswahl von Alternativen an. Das hat in meinem Beispiel vor dem Kleiderschrank gut geholfen und ich habe es schon häufig in anderen Bereichen angewandt. Ein kleiner Pro-Tipp aus meinem Leben als Vertriebler: die Alternative, die Du als letztes nennst, wird deutlich häufiger gewählt.
- Wünschen statt müssen – Wie reagierst Du wenn Dir jemand sagt „Du musst jetzt dies und das machen“? Eher ablehnend und wenig begeistert, oder?. Wenn hingegen jemand sagt, „Ich hätte gerne, dass Du [dies und das] machst weil [so und so]“ klingt das doch viel besser und Du bist deutlich schneller gewillt es zu tun, einverstanden? Bei Kindern ist das genau das Gleiche. „Ich“-Botschaften kommen viel besser an und haben mehr Aussicht auf Erfolg.
Grenzen sind gut für Kinder und auch wir als Väter, die nicht so ständig zu Hause sind, können und sollten diese Grenzen einfordern ohne gleich Angst zu haben, die Bösen zu sein.
Zum Schluss möchte ich Dir noch ein kleines Experiment vorschlagen falls Du Dich in diesem Bereich auch verbessern möchtest. Versuche ab heute für eine Woche anstatt „Mach’ dies und das“ den Satz mit „Ich“ zu beginnen.
Ich würde mich freuen zu hören wie das für Dich klappt, komm bitte in einer Woche wieder und poste Deine Erfahrungen als Kommentar.
Hi,
viele gute Tipps, auch wenn ich sagen muß dass das von Anfang an konsequent sein vermutlich die schwierigste Herausforderung ist. Besonders in Situationen in denen man selber mal abgekämpft ist.
Wie heißt es so schön „Das schwierige an der Erziehung ist, sich immer selber an seine Regeln zu halten“ 🙂
Ciao
Martin
Im großen und ganzen bin ich bei Dir. Nur mit Punkt 3 habe ich gewisse Probleme. Wenn etwas eine klare Ansage ist, dann darf es auch eine klare Ansage sein. Der Sinn dieser ständigen Euphemisierungen erschließt sich mir nicht. das erinnert mich an Menschen die auf Knien am Straßenrand hocken, die Hand ausgestreckt und ein Hundeleckerchen in der Hand, versuchen sie ihren Hund zu bestechen, statt ihm eine klare Ansage zu machen.
Den unterpunkt erklären hingegen finde ich richtig und gut und praktiziere dies auch ausgiebig. Es gibt aber Momente, da geht das einfach nicht. Beispiel: mein Kurzer muss los, sonst verpasst er den Bus, weigert sich aber bei Minusgraden, eine dicke Jacke anzuziehen. Lernen aus Erfahrung fällt hier aus. Zu gravierend wären die Folgen. Diskutiere ich das aus, ist der Bus weg. Also muss das Kind notgedrungen auch einfach mal spuren.
Von Anfang an konsequent sein – das ist genau der richtige Ansatz. Ich möchte dazu ergänzend sagen, dass es in diesem Sinne sehr hilfreich ist, so wenig Grenzen wie nur irgendmöglich zu setzen. – Diese dann aber sehr konsequent zu überwachen. Das ist eigentlich das ganze Geheimnis. 🙂 LG von papaspausenblog.de
Danke Roberto.
Ich bin voll bei Dir.
Man muss nicht immer der Papa sein, bei dem alles durchgeht. Das haben die Kinder dann ganz schnell raus.
Konsequenz heißt auch Entscheidungen und Grenzen durchzusetzen wenn es sich blöd anfühlt. Das gehört zum Papa sein dazu, oder wie siehst Du das?
Woher kommt mir deine Situation nur bekannt vor? Ich löse die Konflikte eigentlich schon immer so wie du es in deinem 3. Punkte Plan vorschlägst & fahre damit ganz gut, aber auch das stösst ab und an an seine grenzen und manchmal muss ich eben den schwarzen Peter ziehen.. sonst hast du verloren..