Nach einem langen Tag am Tisch sitzen und Gespräche mit den Kindern zu führen ist für viele Väter eine Traumvorstellung. In diesem Artikel will ich mich dem Thema widmen. Du erfährst was Du bei der Kommunikation mit Deinem Kind beachten kannst, damit es mehr als zwei Sätze werden.
Wie rede ich richtig mit meinem Kind? Das klingt erstmal nach einer komischen Frage, aber wenn Dir das erste Mal ein genervtes „ich will nicht sprechen“ entgegengeschmettert wird, siehst Du, das Kommunikation mit Kindern gar nicht so einfach ist.
Ich gebe zu, ich hatte eine ziemliche Hollywood Vorstellung davon, wie Gespräche mit meinen Kindern ablaufen. Mein idealer Feierabend sieht vor, dass ich nach Hause komme, meine Familie begrüße und wir gemeinsam Abendessen.
Beim Abendessen führen wir angeregte Gespräche über die Erlebnisse des Tages. Ich erfahre was die Kinder bewegt und kann, wo notwendig, Unterstützung, Bestätigung oder Rat geben.
Das hat auch früher, als die Kinder noch kleiner waren und mir in die Arme gesprungen sind, wenn ich nach Hause kam, wunderbar geklappt. Doch Kinder werden älter und ab der 3. Klasse passiert etwas.
Die Realität sieht dann eher so aus: Ich komme nach Hause, muss darum werben, dass wir etwas Zeit gemeinsam verbringen und die Kinder von PS4 oder iPads loseisen.
Die Gespräche sind wenigsilbig: „Wie war es in der Schule?“ – „Gut.“
Ich wollte etwas an dieser Situation ändern und habe mir überlegt, wie ich am besten vorgehe.
Kommunikation mit Kindern zur Routine werden lassen
Wir sind alle Gewohnheitsmenschen und Kinder besonders. Ich habe mich also von den anfänglichen „ich will nicht sprechen“ Signalen nicht abhalten lassen. Ich war schon mit Kleinigkeiten zufrieden – auch wenn es nur eine kurze Antwort war.
Täglich über alltägliches reden
Dafür habe ich täglich das Gespräch gesucht, um zu erfahren, was los ist. Dabei musste es gar nicht um Besonderes gehen. Ich habe einfach erzählt was bei mir so los war und dann Fragen nach den Alltäglichkeiten gefragt:
- mit wem haben sie sich verabredet
- was gibt es neues in der Schule
- …
Mit der Zeit sind aus den kurzen und knappen Antworten, längere Gespräche geworden.
Feste Zeiten für Gespräche
Was ich über die Zeit festgestellt habe ist, dass es besser funktioniert hat, wenn ich wir unsere Gespräche fest in den Tagesablauf eingebaut haben.
In der Woche war es meist die Zeit rund um das Abendessen, am Wochenende haben wir die ausgedehntere Zeit rund um das Mittagessen genutzt.
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So wurden unsere Gespräche fester Bestandteil unserer Tagesabläufe, die sich interessanterweise auch auf die Tage übertragen haben, an denen ich nicht zu Hause bin. Wenn ich geschäftlich verreist bin, kommunizieren wir über Facetime bzw. WhatsApp Video Chat oder schreiben uns zumindest kurz eine Textnachricht.
Mit Kindern ins Gespräch kommen – über was kann man reden?
Wie jedes gute Gespräch beginnt auch ein Gespräch mit Deinem Kind mit einer guten Frage. Dabei muss es gar nicht um grundlegende Dinge gehen.
Je alltäglicher und beiläufiger die Themen sind, desto leichter fällt der Start in das Gespräch. Achte darauf, dass Deine Frage nicht zu allgemein ist und vor allem nicht „geschlossen“ ist.
Auf die Frage: „Wie war Dein Tag“ bekommst Du, wenn es schlecht läuft, ein „gut“ und das Gespräch ist beendet. Wenn Du etwas spezifischer wirst, bekommst Du auch anderen Antworten, aus denen sich schnell ein Gespräch entwickelt:
- Wie hast Du heute jemandem geholfen?
- Auf was bist Du heute besonders stolz?
- Was hat Dich heute zum Lachen gebracht?
Gespräche mit Kindern musst Du ernst nehmen
Gratulation, Du hast es geschafft und führst ein Gespräch mit Deinem Kind, das länger als 2 Sätze geht. Doch zum feiern ist es jetzt noch zu früh, denn es gibt noch zwei große Klippen zu umschiffen.
Wenn Du durch täglich Unterhaltungen und die richtigen Fragen Gespräche mit Deinem Kind zur Gewohnheit machst, wirst Du bemerken, dass die Themen sich verändern. Dein Kind öffnet sich und bespricht mit Dir Themen, die ganz tief von innen kommen.
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Zuhören statt urteilen
Vielleicht erzählt Dir Deine Tochter oder Dein Sohn auch Dinge, die sie Dir sonst nie erzählt hätten. Beispielsweise, wie sie sich unfair einem Schulkollegen gegenüber verhalten haben.
Das ist ein riesiger Vertrauensbeweis und ein kritischer Punkt. Denn hier kannst Du alles, was Du über Wochen mühsam aufgebaut hast, mit der falschen Reaktion wieder zerstören.
Reflexartig möchtest Du in solchen Situationen Tipps geben oder hast eine eigene Meinung, die darauf brennt herausgelassen zu werden. Schluck es herunter und höre einfach nur zu.
Wenn Dein Kind einen Ratschlag möchte, wird es Dich fragen. Zu viel Urteil oder Rat an der falschen stelle, kann das zarte Pflänzchen Eurer Gesprächsbeziehung schnell und vor allem auch dauerhaft zerstören.
Sorgen von Kindern ernst nehmen
Den kommunikativen Ritterschlag erhältst Du, wenn Deine Kinder über ihre Sorgen mit Dir sprechen. Sei es die Angst vor der Mathearbeit, der mobbende Schulkollege oder der Schwarm, der nicht so reagiert, wie sich Dein Kind das wünschen würde.
Was für Dich wie kleine Kindereien aussieht – denn was wissen Kinder schon von Sorgen – beschäftigt Dein Kind tief. Vielleicht hast Du Dich schon einmal dabei erwischt zu sagen „ach, das wird schon. Ist doch nicht so wild“.
Doch für Dein Kind ist es wild, sonst hätte es sich Dir mit dem Thema nicht anvertraut.
Nimm daher im Gespräch mit Deinem Kind die Erwachsenenbrille ab und versuche Dich daran zu erinnern, wie das bei Dir früher war. Wenn Du nicht genau weißt, wie Du auf die Sorgen Deines Kindes reagieren sollst, dann frag einfach.
„Wie kann ich Dir helfen?“ „Was kann ich für Dicht tun?“
Vielleicht reicht es Deinem Kind einfach, sich die Sache von der Seele zu reden. Vielleicht braucht es aber wirklich Hilfe. Doch um diese Hilfe wird es Dich nur fragen, wenn es das Gefühl hat, von Dir ernst genommen zu werden.
Wenn die Kommunikation mit Deinem Kind gegen die Wand läuft
Natürlich gibt es Situation oder Phasen, wo Du trotz aller Vorarbeit nicht weiter kommst. Es gibt Tage, da will Dein Kind nicht mit Dir sprechen.
Für mich sind solche Tage schwer, weil ich mich frage, ob ich etwas falsch gemacht habe. Die Gründe liegen in den meisten Fällen gar nicht bei Dir.
Vielleicht passiert im Leben Deines Kindes viel und es muss das alles erst einmal selbst verpacken oder es stellt sich hormonell etwas um. Die Gründe für Funkstille sind vielfältig.
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Ein „Nein“ akzeptieren
So schwer es Dir auch fallen mag – es ist OK wenn Dein Kind mal keine Lust hat, sich mit Dir zu unterhalten.
Du kennst das doch bestimmt von Dir selbst. Du hast einfach mal schlechte Laune oder gerade so viel um die Ohren, dass Du keine Lust hast besonders kommunikativ zu sein.
Das gleiche Recht solltest Du Deinem Kind eingestehen. Auch das ist ein Zeichen für Vertrauen und Respekt.
Wie lange solche Gesprächspausen dauern, hängt vom Typ Deines Kindes ab. Unsere beiden sind ziemlich gesprächig und reden gerne. Im Laufe des Tages, ist die Wand meistens irgendwann abgebaut und wir bekommen es hin unser Gespräch zu führen.
Gib Deinem Kind auf jeden Fall die Zeit, die es braucht, ohne ständig nachzubohren.
Keine Ausrede für unangenehme Themen
Bei all dem Verständnis, dass Du aufbringst ist es wichtig ein Feingefühl dafür zu entwickeln, was wirklich los ist. Will Dein Kind gerade einfach nur nicht sprechen oder geht es einem unangenehmen Gespräch aus dem Weg?
Natürlich sind schwere Themen für niemanden angenehm und auch als Erwachsener kennst Du es bestimmt, dass es nicht immer leicht ist, über bestimmte Themen zu sprechen.
Wenn Du merkst, dass ein unangenehmes Thema der Grund für die Gesprächspause ist, geh auf Dein Kind zu und versuche herauszufinden, was genau los ist.
Wenn die Wolken verzogen sind…
Niemand kennt Dein Kind besser als Du.
Das heißt aber noch nicht, dass Du Dein Kind ganz genau kennst. Wie auch, es steckt mitten in der Entwicklung und verändert sich demnach kontinuierlich.
Es ist und bleibt also ein Prozess.
Daher finde ich es immer sehr wichtig und hilfreich, nach etwas schwierigeren Phasen, das Verhalten der Kinder mit Ihnen zu besprechen.
Meine Frau hat diese Spielanalyse bei uns eingeführt (ich möchte mich nicht mit fremden Lorbeeren schmücken) und sie hat uns schon oft geholfen, das Verhalten unserer Kinder besser zu verstehen.
Was genau meine ich?
Nachdem irgendetwas bei uns los war, also ein Streit oder auch wenn es mal wieder einen Tag gab, an dem Leopold oder Florentine nicht reden wollten, wartet einer von uns beiden einen günstigen Moment ab.
Das kann bei einem gemeinsamen Spaziergang später am Tag mit dem Hund oder einer kurzen Autofahrt am nächsten Tag sein.
Ganz beiläufig, wir wollen dem Thema nachträglich nicht zu viel Gewicht geben, lenken wir das Thema auf das Verhalten, des Vortages. Als ganz wichtig hat sich hierbei herausgestellt, sogenannte „Ich“-Botschaften zu senden.
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„Ich habe das Gefühl, Du warst gestern etwas gestresst und wolltest deshalb nicht mit mir über xyz reden. Was war denn los?“
Der Abstand zum Ereignis und die Art der Fragestellung klappt bei uns in 90 % der Fälle. Die Kinder erzählen, ganz offen, warum sie sich so verhalten haben und was dahinter steckt.
Für uns ist das auf zwei Arten super hilfreich. Auf der einen Seite erfahren wir so, was unsere Kids beschäftigt. Auf der anderen Seite lernen die Kinder dadurch, ihr eigenes Verhalten zu hinterfragen und zu verstehen.
Und jetzt?
Die richtige Kommunikation mit Kindern ist ein Prozess und meistens noch anspruchsvoller als mit Erwachsenen.
Davon, dass es meistens nicht leicht ist, solltest Du Dich aber nicht abschrecken lassen. Eine gute Basis und ein vertrauensvolles Verhältnis zu Deinem Kind zu haben, hängt mit der Fähigkeit ein gutes Gespräch mit Deinen Kindern führen zu können, unmittelbar zusammen.
Bei uns hat es geholfen, dass wir uns auf 3 Dinge konzentriert haben:
- Täglich zu festen Zeiten über alltägliches sprechen
- Den Kindern zuhören und ihre Themen und Sorgen wirklich ernst nehmen
- Gesprächspausen als solche auch akzeptieren und versuchen die Gründe im Nachgang zu verstehen
Vielleicht hast Du ja auch, wie ich diese Hollywood Vorstellung von einem entspannten Feierabend mit angeregten Gesprächen mit Deinen Kindern?
Dann mach den ersten Schritt und führe die Routine ein, täglich über alltägliches zu reden.
Wenn Du Fragen oder Feedback hast, schreib mir gerne einen Kommentar. Kennst Du jemanden, dem dieser Artikel helfen könnten, dann teile ihn bitte.
Hallo Andreas,
ein wirklich toller Artikel.
Und du hast Recht: Man muss mit seiner Sichtweise und der „Erwachsenen Brille“ – bei einem kommunikativen Ritterschlag der Kinder – echt vorsichtig sein.
Leider mal missachtet und es hat wirklich lange gedauert, bis mein Sohn sich wieder anvertraut hat.
Gruß
Matthias